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Digitaler Dienstag

Digitaler Dienstag Dezember 2021

    Nach- und Vorsätze

    Mit dem nahenden Jahresende sind bereits sechs Monate vergangen, seit wir den „Digitalen Dienstag“ ins Leben gerufen haben. In der heutigen vorweihnachtlichen Ausgabe wollen wir kurz innehalten und uns bei allen bedanken, die uns mit ihren positiven Rückmeldungen und eigenen Erfahrungsberichten motiviert haben, die Idee weiter zu verfolgen. Außerdem möchten wir Sie daran teilhaben lassen, was wir uns für die nächsten Monate vorgenommen haben, und Ihnen Gelegenheit geben, dieses Programm auch nach Ihrem Geschmack mitzugestalten.

    Wenn Sie ab und zu in unsere Rubrik des BSVÖ Newsletter hineingelesen haben, dann wissen Sie vielleicht, dass wir neben den Informationen, die wir für Sie zusammengestellt haben, immer wieder auch eingeladen haben, uns Ihre Perspektive zu den verschiedenen Themen mitzuteilen. Dass dieser Einladung tatsächlich einige gefolgt sind, freut uns sehr, denn es zeigt, dass wir Themen aufgegriffen haben, die nicht nur uns selbst interessant erscheinen.

    Erste Schritte auf gut Glück

    Ob wir es wollen oder nicht, die digitale Welt wird immer mehr Teil unseres Alltags. Damit verbunden sind viele neue Möglichkeiten, aber leider auch viele Hindernisse. Mit unseren Beiträgen am „Digitalen Dienstag“ verfolgen wir zweierlei Ziele: Einerseits wollen wir Ihnen die Möglichkeiten, die es so auf digitaler Ebene gibt, näherbringen, Ihre Neugierde wecken und Sie ermutigen, etwas auszuprobieren. Andererseits wollen wir Bewusstsein für die zahlreichen Hürden schaffen, aufzeigen, dass diese Probleme viele Menschen betreffen und einschränken, und Wege zu suchen, um sie zu beseitigen. Besonders für den letzten Punkt sind wir ganz wesentlich auf Ihre Beiträge angewiesen, denn nur mit Ihrer Hilfe können wir herausfinden, wo genau die Probleme in der Praxis eigentlich liegen bzw. wo der Bedarf an Lösungen am dringendsten ist. Am Anfang mussten wir bei der Auswahl der Themen darauf hoffen, dass sich unsere Wahrnehmung davon, was relevant sein könnte, mit der Ihren deckt.

    Vielversprechender Gedankenaustausch

    Mittlerweile können wir aus den Rückmeldungen zu den bisherigen Artikeln schließen, dass die Themen tatsächlich für mehrere unserer Leser:innen interessant sind. Und mehr noch: Oft haben sie etwas dazu zu sagen, das uns in der jeweiligen Sache den einen oder anderen Schritt weiterbringen kann. Sehr konkrete Erfahrungsberichte sind besonders hilfreich, wenn es darum geht, schlagkräftige Argumente zu sammeln, wenn wir an die Verantwortlichen herantreten. Aber auch schon alleine die Bestätigung, dass wir uns ein bestimmtes Problem oder auch den Bedarf an Informationen zu einem Thema nicht nur einbilden, bestärkt uns darin, uns darauf zu konzentrieren, Lösungen zu suchen und Informationen aufzubereiten. Wenn Sie sich also fragen, was aus Ihren Rückmeldungen beispielsweise zur digitalen Elternkommunikation oder auch zum E-Banking geworden ist: Seien Sie sich sicher, sie sind für uns sehr wertvoll und werden sich mit Sicherheit in den Initiativen, die wir in näherer Zukunft setzen werden, niederschlagen.

    Gestalten Sie mit!

    Den „Digitalen Dienstag“ in Zukunft noch interaktiver zu gestalten ist uns ein großes Anliegen. Im Laufe der letzten Monate haben wir verschiedenste Themen gesammelt, mit denen wir uns im nächsten Jahr befassen wollen. Sie kommen aus ganz verschiedenen Ecken – angefangen bei Tipps für Smartphone-Einsteiger:innen über Barrieren beim Online-Shopping bis hin zur Zugänglichkeit von Computerspielen. Um bei der Auswahl weiterhin Ihren Geschmack zu treffen, wollen wir uns dabei aber nicht ausschließlich auf unsere Intuition verlassen. Wozu würden Sie gerne etwas lesen? Worüber sollten andere Ihrer Meinung nach informiert werden? Kennen Sie eine Smartphone App, die Sie als besonders notwendig, nützlich oder spannend erleben – sei es im Beruf, im Alltag zu Hause oder bei der Freizeitgestaltung? Möchten Sie wissen, ob die App auch für blinde und sehbehinderte Menschen nutzbar ist oder ist es eine App, die speziell als Hilfsmittel für diese Zielgruppe angeboten wird? Gibt es vielleicht einen Bereich in Ihrem Leben, wo Sie sich ausgegrenzt fühlen, weil Sie eine digitale Anwendung oder ein digitales Medium nicht gut nutzen können? Würden Sie gerne wissen, was es in einem Bereich, für den Sie sich besonders interessieren, auf dem digitalen Sektor gibt und inwieweit das zugänglich ist? Oder haben Sie zu dem ganzen Thema bisher vielleicht so wenig Bezug, dass Sie einen Anreiz bräuchten, sich damit zu beschäftigen? Welcher wäre das? Ganz egal, was es ist und wieviel Sie dazu zu sagen haben – vom einfachen Schlagwort bis hin zu umfangreichen Erläuterungen: Lassen Sie es uns wissen und wir werden uns bemühen, das Thema demnächst aufzugreifen!

    Kontakt

    Ihre Themenvorschläge schicken Sie bitte einfach an Doris Ossberger unter barrierefrei@blindenverband.at

    Wir freuen uns, von Ihnen zu lesen, wünschen Ihnen angenehme Weihnachtsfeiertage und einen guten, gesunden Start ins neue Jahr!

    Digitaler Dienstag November 2021

      iOS 15: Mit VoiceOver durch das neue Betriebssystem

      Die Tage werden kürzer, die Abende früher, die Nächte länger. Höchste Zeit, es sich nach einem ausgiebigen Spaziergang in der frischen Herbstsonne mit warmen Wollsocken und einer Tasse Tee vor dem offenen Kamin gemütlich zu machen. Für alle iPhone Nutzer:innen und solche, die es noch werden wollen, die an diesem Punkt vor der Frage stehen, womit sie sich beschäftigen könnten, haben wir einen Tipp: Stöbern Sie doch ein bisschen in den neuen Funktionen für VoiceOver, die Ihnen iOS 15 bringt – und wenn Sie keinen offenen Kamin haben, könnten Sie sich bei der Gelegenheit doch gleich ein heimeliges Feuerknistern im Internet suchen.

      So oder so ähnlich hat es auch Dr.in Susanne Buchner-Sabathy, unsere Webaccessibility-Expertin, gemacht. Was sie herausgefunden hat, haben wir Ihnen als kleinen Leitfaden auf Ihrer eigenen Entdeckungsreise zusammengeschrieben. Nebenbei erhalten Sie auch ein paar grundsätzliche Hinweise, welche Einstellungen Sie vornehmen können, um Ihr iPhone an Ihre persönlichen Vorlieben anzupassen.

      Installation – kann ich, soll ich, will ich?

      Beginnen wir mit der letzten Frage. Ob Sie das Update auf iOS 15 machen wollen oder nicht, ist natürlich Ihre ganz persönliche Entscheidung. Wenn Sie die neuen Funktionen ausprobieren wollen, werden Sie ohne Update wohl nicht auskommen, aber das versteht sich von selbst. Was wir Ihnen als Entscheidungshilfe auf jeden Fall mitgeben können, ist die Beobachtung, dass die aktuell verfügbare Version 15.01 stabil erscheint und auch in puncto Barrierefreiheit keine gravierenden Mängel auffallen. Haben Sie sich einmal für das Update entschieden, bleibt noch die Frage, ob es auf Ihrem Gerät möglich ist. Wenn Sie iOS 14 installieren konnten, wird das auch bei iOS 15 der Fall sein. Haben Sie aber ein Modell, das älter als das iPhone XS ist, werden manche Funktionen nicht unterstützt, d.h. Sie werden dann nicht alles finden, was wir Ihnen an Neuerungen in diesem Artikel beschreiben.

      VoiceOver starten – so legen Sie los

      Wenn Sie schon länger ein iPhone nutzen, wird Ihnen das hier noch nicht neu sein. Dennoch möchten wir es für all jene erwähnen, die die Gelegenheit nutzen wollen, sich generell einmal ein bisschen mit der Möglichkeit vertraut zu machen, das iPhone über sein Screenreaderprogramm zu bedienen. Aktivieren können Sie dieses Screenreaderprogramm namens VoiceOver, wenn Sie unter „Einstellungen“ die Schaltfläche „Bedienungshilfen“ öffnen. Dort können Sie sich VoiceOver individuell einrichten, indem Sie z.B. die Sprechgeschwindigkeit, die Eigenschaften von Sprach- und Brailleausgabe oder die Ausführlichkeit des Ausgegebenen einstellen. Für Einsteiger:innen besonders interessant ist der Übungsmodus. Dort können Sie verschiedenste Berührungsgesten ausprobieren und es wird angesagt, was sie bewirken. Aktivieren können Sie diesen Übungsmodus entweder direkt bei den VoiceOver-Einstellungen unter „VoiceOver Übungen“ oder an jeder beliebigen Stelle beim Bedienen des iPhones mit VoiceOver durch Doppeltippen mit vier Fingern. Ein Tipp, wenn Sie Ideen brauchen, welche Gesten Sie ausprobieren könnten: Bei den VoiceOver-Einstellungen unter „Befehle“ finden Sie unter „Berührungsgesten“ eine Liste, in der Sie, wenn Sie wollen, auch die Zuordnung der Gesten zu den verschiedenen Aktionen nach Ihrem Geschmack verändern können. Wenn Sie das Verhalten von VoiceOver umfassend an Ihre persönlichen Bedürfnisse anpassen wollen, können Sie das nach Auswählen der Schaltfläche „Aktivitäten“ machen. Das ist der Klassiker für die oben genannten langen Abende am Kaminfeuer, da können Sie viel entdecken und herumspielen.

      Ein Tipp am Rande: Weitere Aktivierungsmöglichkeiten für VoiceOver

      Wenn Sie VoiceOver schneller bzw. direkter aktivieren und deaktivieren wollen, haben Sie zwei Möglichkeiten: Eine Option ist, einfach den Sprachassistenten zur Hilfe zu nehmen. Dazu befehlen Sie einfach Siri „VoiceOver aktivieren“ bzw. „VoiceOver deaktivieren“ oder auch „VoiceOver einschalten“ bzw. „VoiceOver einschalten“. Die andere Option wäre einzustellen, dass VoiceOver ein- und ausgeschaltet werden kann, indem die Home-Taste bzw. bei neueren Modellen die Seitentaste schnell dreimal hintereinander gedrückt wird. Diese Einstellungsoption finden Sie bei „Einstellungen“ unter „Bedienungshilfen“ und dort unter „Kurzbefehl“. Dort können Sie jene Bedienungshilfe auswählen, die sie mit diesem dreifachen Drücken der Home-Taste bzw. Seitentaste ein- und ausschalten. Wir empfehlen, die ersten Schritte mit VoiceOver gemeinsam mit einer Person zu machen, die darin erfahren ist.

      Navigieren mit VoiceOver

      Um nun ins Tun zu kommen, müssen Sie zunächst einmal wissen, wie Sie sich bei der Verwendung von VoiceOver in einer App oder auf einer Webseite von einem Element zum nächsten bewegen. Beim bisher einzigen und nach wie vor standardmäßigen „flachen Navigationsstil“ funktioniert das mit einer 1-Finger-Wischgeste: Sie wischen von links nach rechts, um zum nächsten Element in der linearen Lesereihenfolge zu gelangen, und von rechts nach links, um zum vorigen zu kommen.

      Unter iOS 15 steht nun zusätzlich den „gruppierten Navigationsstil“ zur Auswahl, den Mac-Nutzer:innen bereits kennen. Ist er aktiviert, werden Elemente zusammengehöriger Bereiche zu einer „Gruppe“ zusammengefasst. Mit den bekannten Wischgesten bewegen Sie sich dann zunächst einmal nur von Gruppe zu Gruppe. Um in eine Gruppe „einzutreten“, müssen Sie eine neue Geste ausführen: Sie streichen mit zwei Fingern von links nach rechts. Sind Sie in die Gruppe eingetreten, so können Sie sich zwischen den Elementen der Gruppe wie üblich mit 1-Finger-Wischgesten bewegen. Um aber zu Elementen anderer Gruppen zu gelangen, müssen Sie die Gruppe verlassen, indem Sie mit zwei Fingern von rechts nach links streichen. Bei der Bedienung über den Touchscreen mit Gesten dürfte diese Art der Navigation keinen besonderen Vorteil haben. Im Gegenteil, es macht die Bedienung eher komplizierter. Für Personen, die ein iOS Gerät mit Tastatur nutzen, erspart das einfache Wechseln zwischen unterschiedlichen Seitenbereichen oder App-Bereichen viele TAB-Sprünge und bringt damit durchaus Vorteile.

      Neue Option unter „Ausführlichkeit“

      Unter der Schaltfläche „Ausführlichkeit“ in den VoiceOver-Einstellungen haben Sie die Möglichkeit festzulegen, welche Satzzeichen angesagt werden sollen, wie Zahlen ausgegeben werden und ob Großbuchstaben z.B. mit einem bestimmten Ton gekennzeichnet werden sollen. Auch wie Tabellen oder Emojis gelesen werden sollen können Sie hier einstellen. Als neues Feature unter iOS 15 finden Sie hier die „Taschenlampen-Mitteilung“. Wenn sie aktiviert ist, werden Sie gewarnt, falls Sie – womöglich unabsichtlich – die Taschenlampe aktiviert haben.

      Konfiguration von hör- und tastbarem Feedback

      Ebenfalls in den Einstellungen zu Voiceover finden Sie die Schaltfläche „Audio“. Dort können Sie unter „Töne“ festlegen, bei welchen Aktionen das Smartphone auditive bzw. haptische Rückmeldung in Form von verschiedenen Geräuschen und Vibrieren geben soll – z.B. beim Fokussieren oder Aktivieren eines Objektes. Diese Möglichkeit ist sehr praktisch, denn die voreingestellten Geräusche sind teilweise nicht jedermanns Sache.

      Schnellzugriff auf Einstellungen

      Ein altbekanntes nützliches Mittel, um auf dem iPhone schnell zu verschiedenen Einstellungsoptionen zu gelangen, ist der sogenannte „Rotor“. Es handelt sich dabei um eine Geste, bei der Sie zwei Finger auf den Bildschirm legen und eine Drehbewegung im oder gegen den Uhrzeigersinn machen – in etwa als wenn Sie einen Drehschalter bedienen würden. Mit dem Rotor können Sie z.B. rasch zu Überschriften, Formularfeldern, Links oder anderen Elementen springen oder zwischen wort- und zeichenweisem Lesen wechseln. Über die VoiceOver-Einstellungen können Sie auch noch andere mit dem Rotor direkt anwählbare Einstellungsoptionen, wie z.B. das Sprechtempo, hinzufügen.

      Wenn Sie den Rotor nicht überfrachten wollen, haben Sie unter iOS 15 die Möglichkeit, in den VoiceOver-Einstellungen sogenannte „Schnelleinstellungen“ zu definieren. Aktivieren können Sie diese Liste der Schnelleinstellungen, aus denen Sie wählen können, dann, indem Sie mit zwei Fingern viermal tippen. Wir empfehlen, auch hier nur eine Auswahl von Einstellungen auf die Liste zu setzen, die Sie wirklich öfter brauchen, damit der Zugriff tatsächlich schnell geht. Indem Sie einige Einstellungsmöglichkeiten dem Rotor zuordnen – z.B. das Ansteuern unterschiedlicher Elemente beim Lesen – und andere den Schnelleinstellungen, gelangen Sie besonders effizient zu jenen Einstellungsoptionen, die Ihnen wichtig sind.

      VoiceOver-Erkennung – Unterstützung durch künstliche Intelligenz

      Hinter der Schaltfläche „VoiceOver-Erkennung“, die Sie ebenfalls unter den Einstellungen für VoiceOver finden, verbergen sich drei Funktionen, die mit künstlicher Intelligenz arbeiten: Bildbeschreibungen, Bildschirmerkennung und Texterkennung.

      Um die Funktion „Bildbeschreibungen“ zu nutzen, rufen Sie bei aktiviertem VoiceOver die Foto-App Ihres iPhones auf- und bewegen dann Ihren Finger über den Bildschirm, wo sich die gespeicherten Fotos befinden. Sie erhalten Bildbeschreibungen, die, wie unser Test ergeben hat, sehr prägnant und treffend sind und einen guten Eindruck vermitteln, was sich auf dem Foto befindet. Sie können auch selbst Bildbeschreibungen eingeben, die beim Teilen des Bildes erhalten bleiben.

      Mit der Funktion „Bildschirmerkennung“ soll die Bedienung von Apps erleichtert werden, indem nicht beschriftete Schaltflächen bzw. der Zustand von Auswahlschaltern angesagt werden. Ist die Funktion „Texterkennung“ aktiviert, wird Text in Bildern und Fotos automatisch erkannt und vorgelesen.

      Noch mehr Texterkennung mit Live Text

      Mit Live Text bringt iOS 15 eine Möglichkeit der Texterkennung mit der Kamera-App unabhängig davon, ob man mit VoiceOver arbeitet oder nicht. Es ist nach dem Update automatisch aktiv, d.h. Sie müssen es nicht extra in den Einstellungen aktivieren. Die Funktion eignet sich sehr gut, wenn Sie schnell sehr kurze Texte, die Sie nur in gedruckter Form haben, auslesen wollen – beispielsweise eine Quittung, eine Visitenkarte oder die Adressatin auf einem Poststück, das zu Hause herum liegt. Um sie zu nutzen, öffnen Sie die Kamera-App und richten die Kamera auf einen Text, den Sie lesen wollen. Sobald VoiceOver ansagt „Text erkannt“, aktivieren Sie „Text erkennen“. Daraufhin können Sie zwischen mehreren Möglichkeiten wählen. Wenn Sie „alles erkennen“ wählen, wird der erkannte Text vorgelesen. Aktivieren Sie anschließend erneut „Text erkennen“, um den Dialog zu schließen.

      Neuerung für sehende Nutzer:innen

      Abseits von VoiceOver gibt es auch eine kleine Neuerung unter iOS 15, die vor allem Menschen mit Sehbehinderungen interessieren könnte. Im Menü „Bedienungshilfen“ finden Sie neben VoiceOver auch die Schaltfläche „Anzeige und Textgröße“. Hier können Sie – auch schon in früheren Versionen von iOS – die Textgröße und den Kontrast anpassen. Neu ist, dass Sie unter „App-spezifische Einstellungen“, die Sie ebenfalls unter „Bedienungshilfen“ finden, auch für einzelne Apps unterschiedliche Anpassungen der visuellen Eigenschaften vornehmen können.

      Zuguterletzt ein Ausblick

      Neu, aber von uns noch nicht ausgiebig erprobt, ist die Möglichkeit, die Sprachsteuerung unter VoiceOver zu verwenden. Grundsätzlich können Sie die Sprachsteuerung in den Bedienungshilfen aktivieren, indem Sie ein Softwarepaket herunterladen. Dazu brauchen Sie eine Internetverbindung. Für die Verwendung der Sprachsteuerung selbst ist dann keine Internetverbindung erforderlich. Für welche Anwendungsbereiche wir die Nutzung der Sprachsteuerung unter VoiceOver für sinnvoll halten und wie das funktioniert, erfahren Sie, wenn Sie wollen, an einem anderen Digitalen Dienstag an dieser Stelle!

      Kontakt

      Bei Rückfragen und Anmerkungen zum Artikel melden Sie sich gerne bei Doris Ossberger unter barrierefrei@blindenverband.at!

      Digitaler Dienstag Oktober 2021

        Wenn ich einmal reich wär‘ … aber zum Geldausgeben Hilfe bräuchte

        Wenn wir Ende der Woche mit einem fröhlichen Lied zu Ehren der selbstbestimmten Mobilität auf den Lippen am Tag des weißen Stockes vorbei spaziert sein werden, naht bereits das nächste bedeutende Ereignis: der Weltspartag. Bei manchen von uns weckt das kindliche Erinnerungen an herzige Plüschmaskottchen als Belohnung für den Besuch auf der Bank und die Einlage von ein paar Schilling am Sparbuch. Angesichts so mancher Barriere auf dem Weg dahin kommt aber auch der Gruselfaktor für viele schon nahe an Halloween heran.

        Ich selbst bin alles andere als eine Expertin in Geldgeschäften. Im Großen und Ganzen bin ich zufrieden, wenn meine Grundbedürfnisse und die meiner Lieben gedeckt sind, und dazu hat der Köpfler in den Geldspeicher voller Goldtaler – auch den virtuellen – noch nie gehört. Ob die aktuellen Börsenkurse mir jederzeit frei zur Verfügung stehen oder in einem Kammerl streng geheim unter Verschluss gehalten werden, ist mir also relativ egal. Auch die Zugänglichkeit von Informationen, um keine Gelegenheit zu verpassen, mein Geld gewinnbringend anzulegen, bereitet mir persönlich kein Kopfzerbrechen. Brenzlig wird es allerdings selbst für mich und mir in diesen Dingen ähnlich Gesinnte, wenn ich zu den Geldgeschäften, die ich brauche, um meinen Alltag zu bestreiten, keinen Zugang habe und dafür auf fremde Hilfe angewiesen bin.

        Technischer Fortschritt als zweischneidiges Schwert

        Die zunehmende Digitalisierung birgt einiges an Potenzial, um vieles einfacher zu machen. Wenn die Prinzipien von Barrierefreiheit und universellem Design im Zuge der Entwicklung aber nicht grundlegend und ununterbrochen mitgedacht werden, sorgen ursprünglich zukunftsweisende Lösungen ganz schnell dafür, dass vielen Menschen ihre Selbstständigkeit in essentiellen Dingen des täglichen Lebens genommen wird.

        Meine Großtante soll eine von denen gewesen sein, die ihr Geld tatsächlich ausschließlich unter der Matratze verstauen. Auf den ersten Blick wäre das vielleicht eine Option, mit der man an der ganzen Problematik mit der „modernen Technik“ elegant vorbei käme und sein Geld beinahe buchstäblich im Griff hätte. Abgesehen davon, dass diese Anlageform trotz aller Einfachheit vermutlich nicht nur vorteilhaft ist, wäre es heutzutage auch schwer bis gar nicht möglich, sich darauf zu beschränken, denn es sind beispielsweise die wenigsten Dienstgeber:innen bereit und in der Lage, Gehälter auf Lattenroste zu überweisen.

        Lust und Frust beim e-Banking

        Es zahlt sich also aus, sich ein wenig damit zu beschäftigen, welche digitalen Lösungen es für Bankgeschäfte so gibt, wie sie uns den Alltag erleichtern können und in welchen Bereichen sie so gestaltet sind, dass sie für viele Menschen genau das Gegenteil bewirken

        Der große Vorteil des e-Banking liegt auf der Hand: Für Bankgeschäfte so gut wie gar nicht auf Banköffnungszeiten angewiesen zu sein und sich auch nicht vor die Haustür, im Zweifelsfall nicht einmal aus dem Pyjama heraus, bewegen zu müssen hat schon etwas für sich. Daran ist manches geknüpft, das auch für Menschen mit Behinderungen einiges einfacher machen kann. Sich einen Weg zu ersparen, ist je nach Situation für jede:n eine reizvolle Option. Das gilt für Menschen mit Behinderungen genauso, vor allem zumal Barrieren im öffentlichen Raum solche Wege sie leider oft besonders viel Anstrengung und Konzentration kosten. Wenn es um das Bedienen von Geräten geht, kann es vor allem für blinde und sehbehinderte Menschen wesentlich einfacher sein, zu Hause in Ruhe am eigenen, vertrauten Computer oder Smartphone zu arbeiten, als sich an einem öffentlichen Ort, womöglich mit mehr oder weniger geduldig wartenden anderen Bankkund:innen rundherum mit einem Gerät herumschlagen zu müssen, das je nach Komplexität seiner Funktion zumindest derzeit oft nur bedingt für sie nutzbar ist.

        Problematisch ist das Ganze in zweierlei Hinsicht: Erstens gibt es genügend Menschen, die mit der Bedienung eines eigenen Geräts genauso wenig vertraut sind wie z.B. mit einem allgemein zugänglichen in einem Bankfoyer. Zweitens können die qualifiziertesten Computer- oder Smartphonenutzer:innen mit einer Anwendung nichts anfangen, wenn sie nicht so programmiert ist, dass sie auf alle Funktionen und Inhalte problemlos zugreifen können.

        Was ist entscheidend?

        Erste Probleme tauchen oft schon beim Einloggen in die e-Banking Anwendung auf. Zur Authentifizierung gibt es verschiedene Möglichkeiten. Jene, bei der eine Smartphone App zum Einsatz kommt, bietet prinzipiell für blinde und sehbehinderte Menschen einen durchaus effizienten und einfachen Weg. Das gilt nur leider für all jene, die kein Smartphone haben, nicht. Die Alternative in einem solchen Fall wäre die Authentifizierung mittels smsTAN. Dabei kann aber das Ablesen und Eingeben der TAN innerhalb des knappen Zeitlimits Probleme machen. Inwieweit Verbesserungen möglich sind, hängt in solchen Fällen von Sicherheitsvorgaben ab, die oft nicht allzu viel Flexibilität erlauben.

        Ist diese Hürde überwunden, so müssen e-Banking Anwendungen zweierlei Funktionen erfüllen: Einerseits wollen Kund:innen Informationen übersichtlich und verständlich präsentiert bekommen. Welcher Kontostand bezieht sich auf welches Produkt? Welche Informationen gehören zu welcher Transaktion? Andererseits wollen sie Aktionen effizient durchführen können – Überweisungen durchführen, Daueraufträge stornieren, das Einlangen einer Überweisung prüfen, Kontoauszüge herunterladen usw. Damit beides gegeben ist, ist eine gut durchdachte, klare Struktur unumgänglich. Diese Struktur muss sehend gut erfassbar sein – auch, wenn die Anwendung mit einer Vergrößerungssoftware genutzt wird. Und sie muss für Kund:innen, die einen Screenreader nutzen, ebenso gut erfassbar sein. Das heißt, dass alle Informationen und Funktionen wahrnehmbar, sinnvoll beschriftet und mit der Tastatur bedienbar sein müssen.

        Ihre Erfahrungen sind gefragt

        Die Praxis zeigt, dass die Qualitätsunterschiede von e-Banking Anwendungen in Bezug auf Barrierefreiheit oft enorm sind – zwischen den Lösungen unterschiedlicher Banken, zwischen der Anwendung ein und derselben Bank für PC und Smartphone oder auch von Version zu Version ein und derselben Anwendung. Die Probleme beim e-Banking für blinde und sehbehinderte Kund:innen sind beträchtlich, das wissen wir. Oft bringt die fehlende Barrierefreiheit sogar langjährige Kund:innen dazu, die Bank zu wechseln. Doch das ist nicht der einzige Grund, warum Banken gut beraten sind, ihre Angebote so zu gestalten, dass sie für blinde und sehbehinderte Menschen gut zugänglich sind: seit 2019 gibt es den Europäischen Rechtsakt zur Barrierefreiheit (EU Richtlinie 2019/822). E-Banking ist eine der Dienstleistungen, die von diesem Gesetz betroffen sind, und 2022 wird es Teil der österreichischen Gesetzgebung sein.

        Der BSVÖ arbeitet schon lange und intensiv daran, durch seine Initiative und Fachberatung aktiv zur Barrierefreiheit von Bankdienstleistungen beizutragen. Je besser wir wissen, wo genau die Probleme liegen, desto zielgerichteter können wir diese Aktivitäten verfolgen und desto besser ist die Aussicht auf Ergebnisse, die wirklich zu Verbesserungen führen. Wollen Sie uns helfen? Bitte teilen Sie Ihre Erfahrungen mit uns! Wie gut kommen Sie mit Ihren Bankgeschäften zurecht? Nutzen Sie Geräte in der Filiale oder bevorzugen Sie die Bearbeitung durch das Bankpersonal? Haben Sie Erfahrung mit e-Banking? Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Bank – welche sind für Sie die größten Stärken und Schwächen ihrer Angebote? Was müsste unbedingt verbessert werden?

        Kontakt

        Wir freuen uns über alle Antworten auf unsere Umfrage an Doris Ossberger unter barrierefrei@blindenverband.at – selbstverständlich sind auch andere Rückfragen und Anmerkungen zum Artikel herzlich willkommen!

        Digitaler Dienstag September 2021

          Umfrage zu Kidsfox & Co: Wie inklusiv ist die digitale Elternkommunikation?

          Der September ist für viele Eltern und Kinder eine aufregende Zeit: die ersten Schritte raus aus der familiären Geborgenheit in die große weite Welt des Kindergartens, der Start in einen neuen Lebensabschnitt mit dem ersten Schultag oder auch nur das wieder Einstellen auf den Schulalltag nach den Sommerferien. Kommunikation zwischen Pädagog:innen und Eltern ist das Um und Auf, damit alles gut funktionieren kann – und sie spielt sich immer mehr über virtuelle Plattformen ab.

          Tag der offenen Türe als Präsentation auf der Webseite, Anmeldung über E-Mail, Elternabend per Zoom, aktuelle Infos in der WhatsApp-Gruppe, Abschlussfest als Livestream – die Liste der virtuellen Kommunikationswege ist lang und zeigt, dass Eltern heutzutage nicht mehr um die Nutzung digitaler Medien herumkommen. Bestimmte Extrembeispiele sind sicherlich auf die Situation während der Pandemie zurückzuführen, aber auch sonst setzen pädagogische Einrichtungen zunehmend auf virtuelle Systeme zur Kommunikation mit Eltern und Schüler:innen.

          Gesamtpakete etablieren sich

          Anstelle der Nutzung vieler verschiedener Anwendungen und Plattformen treten immer mehr Softwarelösungen, die viele verschiedene Funktionen miteinander vereinen. Anwendungen wie z.B. Kidsfox für den Kindergarten, Schoolfox oder EduPage für die Schule bieten einheitliche Plattformen, über die beispielsweise Elternbriefe verteilt, Anmeldungen für Veranstaltungen entgegengenommen oder offizielle Formulare wie z.B. der Betreuungszeitenbedarf abgegeben werden können, Eltern sich in Gruppenchats austauschen können, Unterlagen auf einem gemeinsamen Cloudspeicher zur Verfügung gestellt, Stundenpläne aktuell abrufbar gemacht und teilweise sogar Videokonferenzen abgehalten werden können. Gleichzeitig werden sie auch für den Unterricht selbst und das Schulmanagement insgesamt genutzt.

          Digitale Zugänglichkeit als Muss

          Ob und welche Software eingesetzt wird, variiert von Bundesland zu Bundesland, von Gemeinde zu Gemeinde und von Einrichtung zu Einrichtung. Eine bundesweite Vorgabe gibt es nicht. Eines steht aber fest: Wird ein solches System eingesetzt, dann ist es unumgänglich, um die Elternrolle im Kindergarten- und Schulalltag seines Kindes gewissenhaft wahrnehmen zu können. Eltern, die blind sind oder eine Sehbehinderung haben, sind dabei auf die Barrierefreiheit der eingesetzten Mittel angewiesen.

          Ob es im konkreten Fall dieser Kindergarten- und Schulmanagement-Apps eine Verpflichtung zur Barrierefreiheit gibt, ist nicht ganz eindeutig. Das Webzugänglichkeitsgesetz (WZG), nach dem digitale Angebote öffentlicher Einrichtungen barrierefrei gemäß WCAG 2.1 Level AA sein müssen, nimmt nämlich Kindergärten und Schulen von dieser Verpflichtung aus. Allerdings schließt es wiederum „Inhalte, die sich auf wesentliche Online-Verwaltungsfunktionen beziehen“ ein. Hier ist es jetzt eine Interpretationsfrage, ob solche Systeme, über die ein Großteil des internen Managements und der Kommunikation erfolgt, als solche „wesentliche Online-Verwaltungsfunktionen“ betrachtet werden oder nicht. Für uns ist klar: Ja, das müssen sie!

          Ihre Erfahrungen sind gefragt

          Normalerweise würden wir an dieser Stelle berichten, in wieweit denn nun die gängigsten Apps, die in österreichischen Kindergärten und Schulen für die Kommunikation mit den Eltern genutzt werden, für blinde Menschen und Menschen mit Sehbehinderungen nutzbar sind. In diesem Fall ist es aber gar nicht so einfach, schnell einmal zu testen, wenn man nicht zufällig ein Kind hat, in dessen Kindergarten oder Schule ein solches System genutzt wird. Deshalb zählen wir auf Ihre Unterstützung, um herauszufinden, ob es hier überhaupt ein Problem gibt, dessen wir uns annehmen sollten, oder ob sowieso alles passt, wie es ist.

          Teilen Sie also bitte – frei von der Leber weg – Ihre Erfahrungen mit uns! Haben Sie Kinder, in deren Kindergarten oder Schule eine App wie z.B. Kidsfox, Schoolfox oder EduPage genutzt wird? Wie kommen Sie damit zurecht? Wissen Sie, wie andere Eltern damit zurechtkommen? Haben Sie zeitgerecht Zugang zu allen Informationen, die Sie brauchen? Haben Sie den Eindruck, dass Sie an der Kommunikation mit Pädagog:innen und anderen Eltern uneingeschränkt teilnehmen können? Wenn Sie schon einmal Probleme damit hatten, wie wurde damit umgegangen?

          Kontakt

          Egal, was Sie uns zu dem Thema berichten können, jede Information ist wertvoll und willkommen! Wir freuen uns über alle Zusendungen an Doris Ossberger unter barrierefrei@blindenverband.at

          Digitaler Dienstag August 2021

            Appetit auf Inklusion: Gasthausbesuche, QR Codes und Barrierefreies zum Lesen

            Der Hochsommer ist da und viele freuen sich, dass sie zumindest vorübergehend trotz Pandemie nicht auf den entspannten Besuch beim Heurigen, in der Strandbar oder im Gastgarten ihres Lieblingslokals verzichten müssen. Für Menschen mit Behinderungen ist das selbst in weltgesündesten Zeiten alles andere als selbstverständlich. Aber was haben QR Codes damit zu tun? Und warum finden wir das Thema überhaupt wichtig?

            Dass die berühmte „eine Stufe“ beim Eingang ins Kaffeehaus für viele mit einem „Ich darf nicht hinein!“ – Schild gleichzusetzen ist, ist ein alter Hut – auch, wenn er noch erschreckend oft, unbedarft oder gar selbstbewusst getragen wird. Dass das zutiefst diskriminierend ist, steht außer Frage. Für blinde Menschen und Menschen mit Sehbehinderungen hält die Gastronomie eine wesentliche, aber viel weniger prominente, Barriere erst einige Zeit nach dem Betreten des Lokals bereit, spätestens beim Erstkontakt mit dem Personal und der Frage:

            „Was darf’s denn sein?“

            Sofern es sich nicht um das Stammlokal handelt, müsste man sich auf diese Frage vorbereiten, indem man sich in die Speisekarte vertieft. Bei den gängigen gedruckten Speisekarten kommt man aber, wenn man blind ist oder eine Sehbehinderung hat, nicht besonders tief. Nicht so schlimm, sagen Sie? Man kann sie sich doch vorlesen oder sich etwas empfehlen lassen, meinen Sie? Mag sein, dass das eine Lösung ist – je nach Situation und persönlichen Vorlieben die bevorzugte bis hin zur gerade noch akzeptablen.

            Aber sind wir uns ehrlich: Es macht doch auch einen deutlichen Unterschied, ob man sich von drei mühevoll organisierten Personen, die eigentlich gerade etwas ganz anderes zu tun hatten, über eine Stufe hieven lassen muss, um dann erschöpft und unter Beobachtung der gesamten Gästeschaft am Tisch anzukommen, oder ob man selbstverständlich, mühelos und ohne großes Aufsehen zu erregen durch die Eingangstür schreitet, sich vielleicht noch nach einem freien Tisch erkundigt und kurz darauf Platz nimmt. Eben. Und so ähnlich ist es auch mit dem Vorlesen lassen und dem selbst Lesen der Speisekarte.

            Tastbar und sichtbar bleibt kostbar

            Der Klassiker, den wir uns in solchen Fällen wünschen, sind Speisekarten in Braille und Großdruck. Das höchste der Gefühle ist hier, dass diese Formate zusätzlich zur herkömmlichen Speisekarte angeboten werden, wo sich in puncto Lesbarkeit oft in jedem erdenklichen Sinne ausgetobt wird. Und dennoch: Was wir Ihnen in diesem Artikel vorstellen, kann sie keinesfalls ersetzen. Es handelt sich nämlich um etwas, das sich ohne Smartphone mit Internetzugang nicht nutzen lässt. Darüber verfügen nun mal nicht alle Restaurantgäste und es wäre auch nicht wünschenswert, ihre Autonomie beim Bestellen davon abhängig zu machen.

            Inspiration aus berührungslosen Zeiten

            Für all jene, die im Umgang mit dem Smartphone geübt sind, gibt es eine weitere ganz einfache und kostengünstige Möglichkeit, Speisekarten barrierefrei verfügbar zu machen: einen QR Code, der zur Speisekarte in digitaler Form führt. Die großartige Nebensache daran: Wir haben es hier nicht einmal mit einer Extrawurst für Menschen mit Sehbehinderungen zu tun, denn diese Art der Speisekarte erfreut sich nicht zuletzt in Pandemiezeiten und dem Wunsch danach, möglichst wenig anzugreifen, das auch viele andere Menschen angreifen, immer größerer Beliebtheit.

            Für die inklusive Ausführung gibt es nur zwei Punkte zu beachten: Erstens müssen die Gäste auf den QR Code, seine Funktion und wo er zu finden ist hingewiesen werden. Wäre schließlich gut möglich, dass man z.B. mit dieser Form der Speisekarte nicht rechnet oder den QR Code nicht sieht. Zweitens muss das Dokument, zu dem man nach dem Einscannen gelangt, natürlich ein barrierefreies sein. Ein Foto von der Speisekarte in kunstvollem Hand-Lettering ist also schon einmal ein No-Go.

            Und so geht‘s

            Einen QR Code zu erstellen ist keine große Hexerei. Dazu finden sich im Internet zahlreiche Beschreibungen und es gibt Software, die sogar für kommerzielle Zwecke kostenlos genutzt werden darf. Der Inhalt dieses QR Codes sollte dann ein Link sein, der zu dem Ort führt, wo das Dokument mit der Speisekarte hinterlegt ist. Das könnte z.B. ein Bereich auf der Webseite des Lokals oder ein Speicherort auf einer Cloud sein. Nach dem Scannen sollte sich auf jeden Fall direkt die Speisekarte öffnen.

            Dieses Dokument so zu gestalten, dass auch Menschen, die blind sind oder eine Sehbehinderung haben, es nicht nur lesen, sondern auch effizient darin navigieren können, erfordert genauso wenig magische Kräfte – aber vielleicht ein wenig erhöhte Aufmerksamkeit.

            Lüften wir das Geheimnis

            Dieses Navigieren ist in einem Dokument wie einer Speisekarte ganz besonders wichtig. Schließlich will man darin gezielt suchen und zwischen jenen Stellen hin und her springen können, die einen interessieren, um zügig seine Wahl treffen zu können. Man macht das automatisch. Niemand liest sich z.B. durch den Familienstammbaum der Besitzerfamilie, die Suppen, Vorspeisen, Hauptgerichte, Beilagen und Kindermenüs, wenn er eigentlich für Kaffee und Kuchen da ist. Einmal unter der Überschrift „Heißgetränke“ angekommen, verlässt man sich darauf, dass sich kein Schnitzel dazwischen schummelt und der Preis für den Espresso nicht in Wirklichkeit zum Gulasch gehört.

            Eine klare, verständliche und verlässliche Struktur und Lesereihenfolge ist wichtig, damit man nicht nach dem ersten Reinlesen aufgibt und womöglich enttäuscht von dannen zieht. Alle brauchen das – egal, ob sie den Text sehen, ertasten oder hören. Und jetzt verraten wir Ihnen etwas, das Sie sich vielleicht eh schon gedacht haben: Das gilt bei weitem nicht nur für Speisekarten, sondern im Grunde genommen für alle schriftlichen Informationen.

            Digitale Dokumente barrierefrei formatieren

            Dazu, wie man digitale Informationen barrierefrei gestaltet, gibt es ganze Seminare, Bücher und sogar Gesetze. Das alles in einen Artikel zu packen würde den Rahmen sprengen und ist auch gar nicht nötig, weil es eben genanntes ja gibt. Ein paar Tipps zum richtigen Formatieren, die Sie sich leicht merken und auch z.B. bei Gelegenheit – um auf unseren Aufhänger zurück zu kommen – dem Wirten Ihres Vertrauens ans Herz legen können, haben wir im Folgenden kurz zusammengefasst:

            Struktur von Anfang an

            Nutzen Sie bei der Erstellung eines Dokuments in Word Dokument- und Formatvorlagen (z.B. für Überschriften, Aufzählungen, Verzeichnisse, Verweise). Dadurch erhalten Sie automatisch eine gute Struktur mit allem was nötig ist, um darin navigieren zu können (z.B. von Überschrift zu Überschrift springen).

            Sehende Leser:innen nicht vergessen

            Wählen Sie eine Schrift ohne Serifen, eine Schriftfarbe mit gutem Kontrast zum Hintergrund und eine ausreichende Schriftgröße – Details siehe auch www.leserlich.info

            Text, Text und noch einmal Text

            Machen Sie alle Informationen als Text verfügbar. Achten Sie darauf, dass die Lesereihenfolge korrekt ist. Zur Kontrolle können Sie z.B. den Text markieren – wenn die Markierung an eine andere Stelle springt, als jene, wo man weiterlesen müsste, stimmt dort etwas nicht.

            Achtung: Schreiben Sie für das Verständnis relevante Inhalte (z.B. Überschriften) nie ausschließlich in die Kopf- oder Fußzeile und verwenden Sie Tabellen nie als Gestaltungselement – setzen Sie stattdessen z.B. Listen ein.

            Und bei Bildern? Auch Text!

            Versehen Sie Fotos und Grafiken mit einem angemessenen beschreibenden Alternativtext

            Rückfragehinweis

            Bei Rückfragen oder Anregungen wenden Sie sich bitte an Doris Ossberger unter barrierefrei@blindenverband.at

            Digitaler Dienstag Juli 2021

              Digitale Barrieren: Alternativen zur Beschwerde beim Salzamt

              Ab sofort ist beim BSVÖ der zweite Dienstag jedes Monats der „Digitale Dienstag“. An diesem Tag liefern wir Ihnen nützliche Informationen zu verschiedensten Themen rund um digitale Barrierefreiheit. Den Anfang machen wir heute mit der Frage, welche Möglichkeiten Sie haben, um Barrierefreiheit bei Internetseiten, Apps oder Dokumenten aktiv einzufordern.

              „Wir“, das sind Dr.in Susanne Buchner-Sabathy, Expertin für digitale Barrierefreiheit, und DI Doris Ossberger, Referentin für barrierefreies Bauen beim BSVÖ. In unserer Arbeit kämpfen wir täglich mit den verschiedensten Mitteln um den Abbau von Barrieren. Dabei fällt uns immer wieder auf, wie wichtig vorbildliche Beispiele sind, damit Planer:innen und Entwickler:innen sich daran orientieren –am besten automatisch, weil es „normal“ ist, oder zumindest nach Hinweis darauf.

              Damit die guten Beispiele schön prominent im Blickfeld der Verantwortlichen landen, sollten aber auch weniger gute oder gar schlechte Beispiele möglichst von der Bildfläche verschwinden. Zumindest für jene digitalen Medien und Anwendungen, die laut Gesetz barrierefrei sein müssen, gibt es eine Möglichkeit, wie jeder und jede einzelne dazu beitragen kann, dass das nach und nach passiert: die Beschwerde bei der FFG.

              Frust konstruktiv nutzen

              Eigentlich ist es ja absurd: Wenn es ein Gesetz dafür gibt, dass bestimmte Internetseiten, Apps und Dokumente barrierefrei sein müssen, warum gibt es dann überhaupt noch Fälle, in denen man Grund zur Beschwerde hat, dass genau diese es nicht sind? Dazu können wir nur sagen: Stimmt. Es ist traurig, aber wahr. Trotzdem ist es doch immerhin etwas, dass es zumindest einen relativ einfachen Weg gibt, auf solche Mängel aufmerksam zu machen und Verbesserungen voranzutreiben.

              Pflicht zur Barrierefreiheit

              Webseiten und Apps, die von Bund, Ländern oder Gemeinden zur Verfügung gestellt werden, müssen laut Web-Zugänglichkeits-Gesetz (WZG) barrierefrei sein. Genauer gesagt müssen sie den Richtlinien für barrierefreie Web-Inhalte (WCAG 2.1) Stufe AA entsprechen. Übrigens müssen auch digitale Medien wie z.B. Dokumente, die dort heruntergeladen werden können, barrierefrei gestaltet sein.

              Für die Überprüfung der Umsetzung des WZG gibt es eine Monitoring-Stelle, die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG). Die FFG führt einerseits regelmäßig stichprobenartig Überprüfungen von den Webauftritten öffentlicher Einrichtungen durch. Darüber hinaus können sich aber auch Nutzer:innen bei der FFG melden, wenn sie bei einer solchen Webseite oder App auf Hindernisse stoßen.

              Bevor man das macht, wird empfohlen, den Betreiber der betroffenen Webseite oder App direkt zu kontaktieren. Ist dieser Weg nicht von Erfolg gekrönt, ist die Beschwerde bei der FFG das Mittel der Wahl – entweder bei der FFG Servicestelle oder, wenn es um eine Webseite oder App eines einzelnen Bundeslandes geht, bei der lokalen Beschwerdestelle.

              Kommen wir zur Sache

              Für eine Beschwerde bei der FFG Servicestelle finden Sie unter folgender URL das sogenannte „Kontaktformular Beschwerdestelle digitale Barrierefreiheit“: https://www.ffg.at/form/kontaktformular-beschwerdestelle. Dort tragen Sie einfach Ihre Kontaktdaten ein und beschreiben anschließend das Problem. Dabei ist es wichtig, dass Sie möglichst genau erklären, was nicht funktioniert. Ein Beispiel dafür wäre „Ich arbeite mit dem Screenreader X und habe die Funktion XY gesucht, konnte aber keine Schaltfläche dafür finden.“ Sie brauchen kein technisches Hintergrundwissen. Wichtig ist, dass Ihre Beschreibung aus Nutzer:innensicht genauere Informationen enthält als nur „die Seite ist nicht barrierefrei“. Für Seiten oder Anwendungen eines Bundeslandes finden Sie unter folgender URL die Kontaktdaten der lokalen FFG Beschwerdestellen: https://www.ffg.at/digitale-barrierefreiheit/digitales-zugaenglich-machen/beschwerdestellen-zur-digitalen-barrierefreiheit-oesterreich. Wenn Sie sich nicht sicher sind, wohin Sie sich wenden sollen, können Sie auf jeden Fall das Kontaktformular der FFG Servicestelle nutzen. Wenn die Zuständigkeit bei einem bestimmten Bundesland liegt, wird die Beschwerde mit Ihrem Einverständnis weitergeleitet.

              Nachdem Sie Ihre Beschwerde eingereicht haben, prüft die FFG, ob tatsächlich ein Verstoß gegen das WZG vorliegt, und informiert Sie anschließend über das weitere Vorgehen.

              Recht auf Barrierefreiheit

              Unabhängig davon, ob das WZG greift oder nicht, können Sie, wenn Sie eine Behinderung haben und sich durch mangelnde Barrierefreiheit diskriminiert fühlen, auch Ihr Recht aufgrund des Behinderten-Gleichstellungsgesetzes einfordern. Es ist auch möglich, dass Ihnen das nach einer Beschwerde bei der FFG als Option empfohlen wird, allerdings müssen Sie die Schritte dafür selbst einleiten.

              Wenn Sie vermuten, dass die mangelnde Barrierefreiheit einer Webseite oder App eine Diskriminierung im Sinne des Behinderten-Gleichstellungsgesetzes darstellt, können Sie bei Ihrer Landesstelle des Sozialministeriumservice ein Schlichtungsverfahren beantragen. Ziel dieses Schlichtungsverfahrens ist es, dass zwischen den Parteien vermittelt und eine außergerichtliche Einigung gefunden wird. Sie brauchen dabei keinen Anwalt und es entstehen für Sie keine Kosten. Sie können aber eine Vertrauensperson oder jemanden von der Behindertenanwaltschaft bei den Verhandlungen hinzuziehen.

              Wenn es nicht gelingt sich zu einigen, können Sie Ihre Ansprüche gemäß Behinderten-Gleichstellungsgesetz auch durch eine Klage vor Gericht geltend machen.

              Was noch zu sagen bleibt

              Natürlich kann und soll das Einreichen von Beschwerden durch Einzelpersonen nicht das Engagement des BSVÖ für digitale Barrierefreiheit ersetzen. Oft ist es aber gerade das Zusammenwirken von beidem, das den Verantwortlichen erst so richtig sicht- und begreifbar macht, dass es hier um Probleme geht, von deren Behebung sehr viele Menschen profitieren.

              Rückfragehinweis

              Bei Rückfragen oder Anregungen wenden Sie sich bitte an Doris Ossberger unter barrierefrei@blindenverband.at