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Digitaler Dienstag

Digitaler Dienstag Dezember 2023

    Weihnachtsunruhe: Stille und starre PDFs

    „Liegt es an mir oder ist da eine Stufe?“ Bei baulichen Barrieren klingt diese Frage ziemlich lächerlich, oder? Bei digitalen Hürden ist das anders: Wenn beim Computer etwas nicht funktioniert, neigen wir dazu, den Fehler bei uns selbst zu suchen. Dass er oft ganz wo anders liegt, zeigen wir Ihnen heute am Beispiel von PDF-Dokumenten.

    Über PDF-Dokumente und ihre Zugänglichkeit haben schon viele vieles gesagt – nicht zuletzt Susanne Buchner-Sabathy und ich. Warum, bei allen Stolperfallen, die die digitale Welt als schlechte Beispiele zu bieten hätte, beschäftigen wir uns also schon wieder ausgerechnet mit diesem Thema? Ganz einfach: In letzter Zeit gab es dort, wo wir sie vielleicht noch am wenigsten erwartet hätten, bei der Arbeit mit dem Screenreader plötzlich Probleme. Wo? Im Programm „Acrobat Reader“. Was für Probleme? Gewaltige. Sie haben davon nichts gemerkt? Dann schätzen Sie sich glücklich: Vielleicht bleibt es Ihnen ganz von selbst erspart. Wenn nicht, dann helfen Ihnen vielleicht unsere Tipps, das Problem zu verstehen und damit umzugehen.

    Was ist da bloß los?

    Dokumente im PDF-Format begegnen uns überall. Der Mythos, sie wären grundsätzlich nicht barrierefrei, scheint sich selbst unter den größten Skeptiker:innen mittlerweile aufgelöst zu haben. Klar, ein paar einfache Regeln muss man beim Erstellen der PDFs befolgen. Aber das, so dachten viele, dürfte sich doch soweit herumgesprochen haben, dass die meisten Dokumente heutzutage zumindest irgendwie lesbar sind. Zum Öffnen, Lesen, Ausfüllen oder sogar Unterschreiben von PDF-Dokumenten ist der kostenlose Acrobat Reader sehr verbreitet. Das funktioniert einwandfrei, auch mit dem Screenreader. Zumindest bis vor Kurzem, denn dann kam die böse Überraschung: Plötzlich war es unmöglich, PDF-Dokumente mit dem Screenreader im Acrobat Reader zu lesen. Es hörte sich an, als hätten die Dokumente keinen Inhalt.

    Besonders rätselhaft: Die Dokumente, um die es da ging, hatten Inhalt – und zwar Text. Keine Bilder, keine Textgrafiken, nein: waschechter Text. Findige Screenreader-Nutzer:innen konnten das feststellen, indem sie mit der Tastenkombination Strg + a zunächst allen Text markierten, ihn dann mit Strg + c kopierten und anschließend mit Strg + v in einen Texteditor oder ein Word-Dokument einfügten. Warum, in aller Welt, behauptete der Screenreader dann beim Öffnen im Acrobat Reader, es gäbe nichts zu lesen? Was war passiert – und wem?

    Des Rätsels Lösung

    In den Dokumenten fehlten die Tags. Tags verleihen dem Text in einem PDF-Dokument Struktur. Wenn sie fehlen, liest der Screenreader nichts aus und man kann sich nicht in dem Dokument bewegen. Die PDFs waren also schlicht und einfach nicht barrierefrei. Diese Erklärung ist so einleuchtend wie überraschend: Dass nicht barrierefreie Dokumente nicht lesbar sind, ist klar. Aber wieso konnte man sie dann bisher problemlos lesen? Hier kommt der Acrobat Reader mit seinen Funktionen ins Spiel.

    KI kompensiert

    Acrobat Reader kann solche Barrierefreiheitsmängel ganz gut ausgleichen, indem es Tags annimmt, wo keine sind, und dem Screenreader diese Strukturinformationen bereitstellt. Das funktioniert oft so gut, dass man die Mängel gar nicht bemerkt und meint, man hätte es mit einem barrierefreien Dokument zu tun. Bis vor einigen Wochen hat das Programm das ganz von selbst ohne spezielle Aufforderung gemacht. Doch dann kam ein Update, das zumindest vorübergehend für Screenreader-Nutzer:innen alles verändert hat.

    Durch das Update gibt es eine neue Bedienoberfläche und bestimmte Einstellungen wurden auf Standard zurückgesetzt – unter anderem jene für die sogenannte „Bildschirmsprachausgabe“ oder „Bildschirmlesehilfe“. Damit kompensiert das Programm das Problem fehlender Tags nicht mehr automatisch, sondern man muss aktiv entsprechende Einstellungen treffen.

    Zurück zu Altbewährtem: So geht‘s

    Wollen Sie weiterhin PDF-Dokumente ohne Tags mit dem Screenreader im Acrobat Reader lesen können? Wie schon anfangs erwähnt: Es kann sein, dass sich die Sache sowieso durch eine Fehlerbehebung seitens Acrobat in Wohlgefallen aufgelöst hat und Sie sich gar nicht weiter damit befassen müssen. Sollte das nicht der Fall sein, können Sie selbst Einstellungen vornehmen, damit die gewohnte Funktion im Hintergrund wieder da ist.

    Dafür müssen Sie zunächst den Dialog auffinden und bestätigen, in dem gefragt wird, ob Acrobat Reader ein ungetaggtes PDF für die Bildschirmsprachausgabe vorbereiten soll. Wenn dieser Dialog nach dem Öffnen des Dokuments nicht automatisch erscheint, sollten Sie ihn mit F6, eventuell auch mit ALT oder mit F3 aufrufen können.

    Die Einstellungen für die Bildschirmsprachausgabe erreichen Sie in der alten und neuen Bedienoberfläche auf unterschiedliche Art und Weise. In der neuen Bedienoberfläche gelangen Sie mit ALT + f oder durch mehrfaches Drücken von F6 zu den „Menü-Optionen“. Dort bewegen Sie sich mit TAB weiter zu „Einstellungen“. In der alten Bedienoberfläche kommen Sie über den Menüpunkt „Bearbeiten“ zu „Einstellungen.

    Bei den Einstellungen sind für den Zweck, um den es uns jetzt geht, jene wichtig, die Sie unter „Lesen“ finden. Stellen Sie dort zunächst ein, dass das ganze Dokument eingelesen wird. Dort, wo man festlegen kann, ob die Lesereihenfolge aus dem Dokument ermittelt werden soll, können Sie die Voreinstellungen übernehmen. Aktivieren Sie außerdem die Option „Leserichtung mit Tags überschreiben“ sowie das Kontrollkästchen, mit dem man festlegt, dass diese Einstellungen für alle Dokumente übernommen werden sollen.

    Bedienoberfläche nach Wunsch

    Wenn Sie wollen, können Sie zwischen den beiden Bedienoberflächen wechseln.

    Um von der neuen auf die alte Bedienoberfläche umzusteigen, gehen Sie mit ALT + f zu den „Menü-Optionen“ und dann mit TAB weiter zu „Ansicht“. Dort finden Sie im Untermenü die Option „Neue Bedienoberfläche deaktivieren“.

    Wollen Sie von der alten Oberfläche zur neuen wechseln? Dann finden Sie im Menüpunkt „Ansicht“ die Option „Neue Bedienoberfläche aktivieren“.

    Kein Ersatz für Barrierefreiheit

    Wenn Sie den ersten Schreck überwunden haben und der Screenreader die problematischen PDFs wieder brav vorliest, fragen Sie sich vielleicht: Wenn Acrobat so elegant taggen kann, wozu braucht es dann eigentlich noch barrierefreie Dokumente? Nun ja, darauf kann man erwidern: Mit einem barrierefreien PDF hätten nicht nur Sie sich den ersten Schreck erspart, sondern wir alle uns einiges an Zeit und Arbeit – und sei es nur jene, die es zum Ändern der Einstellungen braucht. Aber selbst, wenn dieses Spezialproblem nicht aufgetreten wäre: So genau wie die Person, die ein Dokument erstellt, kann keine auch noch so schlaue KI wissen, welche Strukturinformationen die passenden sind. Die Verantwortung dafür, dass Dokumente für alle gut zugänglich sind, ist und bleibt also bei den Ersteller:innen. Das sollen und dürfen Sie auch einfordern.

    Apropos: Wie geht das mit dem Einfordern?

    Jaja, die Beschwerdemöglichkeiten haben wir Ihnen schon einmal vorgestellt. Aber denken Sie sich vielleicht auch manchmal, das ist so viel leichter gesagt als getan? Sind Sie sich manchmal unsicher, ob Sie nicht selbst „schuld“ sind, wenn Sie auf einer Webseite nicht weiterkommen, ein Formular im Internet nicht ausfüllen können oder eben ein Dokument nicht lesen können? Befürchten Sie, sich womöglich zu blamieren, wenn Sie jemandem unterstellen, etwas wäre nicht barrierefrei gestaltet? Oder stellen Sie es sich einfach extrem mühsam vor, sich über eine digitale Hürde zu beschweren, ohne dass es dann wirklich etwas bringt? Wenn Ihnen irgendetwas davon bekannt vorkommt, haben wir im nächsten Jahr ein neues Angebot, das Sie interessieren könnte! Mehr dazu erfahren Sie im Jänner.

    Kontakt

    Melden Sie sich wie immer gerne mit allen Rückmeldungen und Fragen bei Doris Ossberger unter do@wortklaviatur.at

    Wir wünschen Ihnen angenehme Weihnachtsfeiertage und einen barrierefreien Start ins neue Jahr!

    Digitaler Dienstag November 2023

      Fluch oder Segen: Die ID Austria steht vor der Tür

      Finden Sie den Weg zum Computer bequemer als den zur Behörde? Dann haben Sie vielleicht schon die Qualitäten der Handy-Signatur schätzen gelernt. Ab 5.12.2023 gibt es stattdessen nur mehr die ID Austria. Was heißt das für Sie? Susanne Buchner-Sabathy und ich haben dort nachgefragt, wo die FAQs nicht hinkommen. 

      Ich gebe zu: Das „Digitale Amt“ hat es mir angetan. Als ich die Handy-Signatur vor vielen Jahren für was-weiß-ich-was einmalig gebraucht habe, ist mir der ganze Registrierungsprozess im Vergleich dazu, was er mir gebracht hat, sehr mühsam vorgekommen. Mittlerweile ist das ganz anders. Und das Umsteigen auf die ID Austria ist wirklich locker flockig von der Hand gegangen. Alles in allem eine feine Sache. Aber ist sie das für alle?

      Liebgewonnener Komfort

      Alleine, dass ich nicht mehr jeden Wisch, den ich unterschreiben soll, ausdrucken, unterschreiben und dann wieder scannen muss, sondern einfach eine digitale Signatur unter ein digitales Dokument setzen kann, empfinde ich als große Erleichterung im Alltag. Andere Services brauche ich viel seltener: zum Beispiel Dokumente wie eine Meldebestätigung oder eine Strafregisterbescheinigung. Aber wenn es einmal soweit ist, kommt meistens gleich mehreres zusammen. Mehreres, wofür ich noch vor kurzem verschiedenste Behörden mit kreativsten Öffnungszeiten persönlich abklappern musste. Dabei musste ich oft unzählige Kilometer zurücklegen und viel Zeit und Nerven sind auch immer wieder draufgegangen. Das ist nur ein kleiner Teil der Dinge, die ich schon mit Handy-Signatur von zu Hause aus online erledigen konnte und mit der ID Austria auch in Zukunft ohne einen Fuß vor die Tür zu setzen machen kann.

      Gleich gut für alle?

      Wenn Sie das so lesen, denken Sie vielleicht, ich wurde von der Werbeabteilung des Bundes engagiert. Dem ist nicht so und deshalb höre ich jetzt auch schon auf, die verschiedenen Möglichkeiten aufzuzählen. Was es da noch alles gibt, können Sie zum Beispiel auf der Webseite zur ID Austria unter https://www.oesterreich.gv.at/id-austria.html selbst nachlesen. Dort erfahren Sie auch, wie Sie sich unter verschiedenen Voraussetzungen für die ID Austria registrieren können: zum Beispiel, wenn Sie schon eine Handy-Signatur haben, wenn Sie bereits auf die ID Austria mit Basisfunktion umgestiegen sind, wenn Sie bisher noch nichts davon genutzt haben, wenn Ihr Smartphone Sie am Fingerabdruck oder am Gesicht erkennen kann oder wenn Ihr Handy nichts dergleichen bietet. All das muss ich hier nicht wiederkäuen. Was mich interessiert: das, wozu Sie dort nichts finden. Kleinigkeiten, an die Sie zunächst vielleicht nicht denken, über die sie aber in der Praxis stolpern könnten.

      Digitale Potenziale

      Wie Sie sich vorstellen können, haben diese Kleinigkeiten alle in irgendeiner Form mit der barrierefreien Nutzbarkeit der ID Austria zu tun. Die ist in dem Zusammenhang besonders wichtig. Es gibt natürlich nach wie vor die Möglichkeit, Behördenwege analog zu absolvieren – also ganz herkömmlich persönlich zum Amt marschieren, Formulare auf Papier ausfüllen und so weiter und so fort. Das ist auch gut so, denn es gibt genügend Menschen, die sich damit leichter tun als mit einer auch noch so perfekt gestalteten digitalen Lösung. Es gibt aber auch genügend Menschen, für die eine solche digitale Möglichkeit es überhaupt erst möglich macht, bestimmte Dinge ohne besondere Erschwernis und ohne fremde Hilfe zu erledigen. So ist es zum Beispiel sehr viel einfacher, den Weg zum eigenen Computer alleine zu bewältigen, als die oft anstrengende Anreise zu einem weitgehend unbekannten Gebäude und dort noch den Weg bis zur richtigen Ansprechstelle. Ein Formular in Papierform können nur sehende Menschen selbst lesen und ausfüllen. Bei einem digitalen Formular ist das auch für blinde Menschen kein Problem. Das gilt natürlich nur, wenn das Formular barrierefrei gestaltet ist. Und hier schließt sich der Kreis: Digitale Behördenwege können wesentlich zu einem selbstbestimmten Leben von Menschen mit Behinderungen beitragen. Aber nur, wenn dabei die Barrierefreiheit bis ins Letzte gegeben ist.

      Stolpersteine unter der Lupe

      Bei den digitalen Behördenwegen macht einen wesentlichen Teil der Barrierefreiheit die richtige Programmierung der verschiedenen Webseiten und Apps aus, auf denen sie basieren. Das ist einerseits die App „Digitales Amt“, über die Sie die verschiedenen Services abrufen können und über die die Authentifizierung beim Einloggen erfolgt, und andererseits Webseiten wie zum Beispiel „FinanzOnline“ oder „Meine SV“, die mit der ID Austria arbeiten. Als Angebote der öffentlichen Hand müssen sie laut Webzugänglichkeitsgesetz barrierefrei sein.

      Sich all diese Seiten genau anzuschauen, würde den Rahmen an dieser Stelle sprengen. Die App „Digitales Amt“ hat aber im wahrsten Sinne des Wortes eine Schlüsselfunktion. Daher hat Susanne Buchner-Sabathy sie für Sie am iPhone auf Herz und Nieren getestet. Ihr Resümee: Die App ist an sich sehr gut nutzbar. Ein paar Mängel gibt es. Der größte besteht darin, dass der Screenreader in mehreren Fällen Links nicht als Links erkennt: bei den Links auf dem Tab „Info“ genauso wie bei jenen auf dem Tab „mehr“ und jenen, die nach einer Suche angezeigt werden. Sie können diese Links mit dem Screenreader ganz normal aktivieren, aber es hört sich so an, als wären sie normaler Text. Beim Tab „Services“ sind die Links zwar als Links erkennbar, aber vor der zugehörigen Überschrift steht jeweils ein Grafiklink. Bei der Suchfunktion gibt es ein paar kleine Unstimmigkeiten mit der Beschriftung und der Lesereihenfolge. All diese Mängel sollten natürlich schnellstmöglich behoben werden.

      Aber kommen wir zu den weiteren Detailfragen, auf die ich Ihnen Antworten versprochen habe.

      Selbständig durch die Registrierung

      Die App „Digitales Amt“ ist also soweit gut bedienbar. Damit Sie sie nutzen können, müssen Sie sich aber zunächst einmal registrieren. Dazu müssen Sie dann doch noch einmal persönlich bei der Behörde erscheinen. Einzige Ausnahme: Wenn Sie die Handy-Signatur schon einmal behördlich registriert hatten. Soweit so gut. Aber jetzt kommt’s: Wenn Sie sich registrieren, bekommen Sie einen Ausdruck auf Papier mit einem Freischaltcode und einem Widerrufs-Passwort. Ersteren müssen Sie dann zu Hause zum Fertigstellen der Registrierung in die App eingeben. Das können Sie aber nur, wenn Sie von dem Ausdruck ablesen können. Natürlich gibt es wiederum Apps mit Texterkennung, mit denen blinde Menschen das unter Umständen auch ohne sehende Hilfe machen können. Dennoch, das System dürfte solche Hilfsmittel nicht voraussetzen. Viel einfacher wäre es doch, die Daten gleich auch in digitaler Form zur Verfügung zu stellen.

      Laut Auskunft des Betreibers ist das derzeit leider noch nicht möglich, da die Übermittlung beispielsweise per E-Mail nicht sicher genug ist. Es gibt aber zwei Möglichkeiten, bei denen Sie zwar einmalig zur Registrierungsbehörde müssen, um Ihre Identität zu bestätigen, der Schritt mit dem Ausdruck aber wegfällt. Die eine Möglichkeit ist die Online-Vorregistrierung. Eine Anleitung dazu finden Sie unter oe.gv.at/u/id-austria-reg-vor. Die andere Möglichkeit können Sie nutzen, wenn Sie bereits eine Handy-Signatur oder eine ID Austria mit Basisfunktion haben. Dann können Sie einfach umsteigen. Eine Anleitung dazu finden Sie unter oe.gv.at/u/id-austria-reg-einfach. In beiden Fällen ist Ihre ID Austria fertig und einsatzbereit, sobald Sie die Behörde verlassen.

      Schlüssel statt Smartphone

      Grundsätzlich baut die ID Austria darauf, dass Sie Ihre Identität mithilfe Ihres Smartphones zweifelsfrei bestätigen können, und zwar jedes Mal, wenn Sie sie nutzen. Dazu muss das Smartphone entweder Gesichts- bzw. Iriserkennung oder eine Fingerabdruck-Funktion haben, also sogenannte biometrische Erkennungsfunktionen. Eine Möglichkeit mit SMS-TAN, die es bei der Handy-Signatur noch gab, gibt es bei der ID Austria nicht mehr. Damit auch alle, die kein solches Smartphone haben, die ID Austria nutzen können, gibt es den FIDO-Sicherheitsschlüssel. Das ist – kurz gesagt – eine Art USB Stick. Sie stecken ihn an Ihren Computer an und müssen dann bei jeder Anmeldung eine dazugehörige PIN eingeben. Damit das funktioniert, müssen Sie den FIDO-Sicherheitsschlüssel bei der Registrierung mit Ihrer ID Austria verknüpfen. Eine genaue Anleitung finden Sie unter https://www.oesterreich.gv.at/id-austria/haeufige-fragen/allgemeines-zu-id-austria.html#fido. Sie denken, das klingt ja eh ganz unkompliziert? Nun ja, der Teufel steckt hier im Detail – oder zumindest könnte er das.

      Es stellen sich zwei Fragen.
      Erstens: Woher bekommen Sie die PIN. Wenn Sie sie beispielsweise von der Verpackung des FIDO-Sicherheitsschlüssels ablesen müssen, haben wir es mit demselben Problem wie mit dem eben beschriebenen Behördenausdruck zu tun.
      Zweitens: Zum Eingeben der PIN wird sowohl bei der Verknüpfung als auch bei jeder Anmeldung im Browser ein zusätzliches Fenster „des qualifizierten Vertrauensdiensteanbieters“ geöffnet. Wurde darauf geachtet, dass dieses Formular barrierefrei gestaltet ist?

      Auch dazu haben wir den Betreiber befragt und eine Antwort bekommen, die darauf hoffen lässt, dass die Nutzung des FIDO-Sicherheitsschlüssel tatsächlich barrierefrei möglich ist. Er wird nämlich vom Betriebssystem unterstützt und die Dialoge dort sind erfahrungsgemäß gut bedienbar. Außerdem dürfte bei FIDO ein großes Bewusstsein für Barrierefreiheit vorhanden sein: Bei der Entwicklung werden die WCAG berücksichtigt und es gibt auch einen eigenen Leitfaden des Unternehmens für die barrierefreie Gestaltung. Was wir nicht eindeutig klären konnten, ist die Frage, ob man die PIN tatsächlich von der Verpackung des FIDO-Sicherheitsschlüssels ablesen muss. Falls das so ist, bräuchten blinde Menschen dafür einmalig sehende Unterstützung. Sobald sie sich diese PIN notiert haben, sollten sie aber alles andere selbständig machen können.

      Wenn Sie beim Anmelden im Dunkeln Tappen

      Zurück zum Smartphone, denn auch hier gibt es eine Situation, die für Unsicherheit sorgen könnte – und zwar für alle Nutzer:innen. Manchmal funktioniert die Authentifizierung nicht. Zum Beispiel erkennt bei schlechten Lichtverhältnissen das Smartphone Ihr Gesicht nicht. Es kann auch sein, dass es mit der Gesichtserkennung ohne ersichtlichen Grund vorübergehend nicht klappt. Wenn das passiert, haben Sie fünf Versuche. Dann erhalten Sie von Ihrem Smartphone die Meldung, dass die Erkennung nicht funktioniert hat.

      Aber wie geht es jetzt weiter? Sind Sie für die Anmeldung gesperrt? Was können Sie dagegen tun? Die App gibt in so einem Fall keine Rückmeldung und das kann schnell einmal dafür sorgen, dass die Nerven blank liegen. Mit der Auskunft des Betreibers, die wir eingeholt haben, kann ich Sie aber beruhigen: Die Möglichkeit zur Anmeldung in der App wird nie gesperrt. Wenn die Erkennung nicht funktioniert, wird der Prozess, für den Sie die ID Austria gerade nutzen, abgebrochen. Sie können ihn aber beliebig oft wiederholen.

      Was können Sie aber machen, wenn die Erkennung nicht und nicht funktionieren will? Am besten versuchen Sie zunächst einmal, das Smartphone auszuschalten und wieder einzuschalten. Oft ist das Problem damit schon gelöst. Wenn nicht, können Sie die App deinstallieren und neu installieren. Wenn das Problem dann immer noch besteht, können Sie sich noch an den Support der ID Austria wenden. Die biometrische Erkennung ist zwar eine Funktion Ihres Smartphones, nicht der ID Austria, aber möglicherweise gibt es beim Support Erfahrungen, was noch helfen könnte.

      Fazit

      Nachdem wir uns auch Feinheiten angesehen haben, die der barrierefreien Nutzbarkeit der ID Austria womöglich im Weg stehen könnten, haben Susanne Buchner-Sabathy und ich den Eindruck, dass die ID Austria gut bedienbar ist. Zu den Fragen, die wir gestellt haben, möchte der Betreiber demnächst Informationen direkt auf der ID Austria Webseite bereitstellen.

      Lediglich im Zusammenhang mit dem FIDO-Sicherheitsschlüssel können wir nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, dass blinde Menschen ihn von Anfang an komplett ohne sehende Hilfe nutzen können, und zwar aus zwei Gründen: Erstens muss man möglicherweise die PIN einmalig sehend ablesen. Zweitens ist es zwar sehr wahrscheinlich, dass die Dialoge zum Anmelden barrierefrei sind, aber selbst ausprobieren konnten wir es nicht

      Kontakt

      Nutzen Sie den FIDO-Sicherheitsschlüssel? Können Sie unsere Annahmen bestätigen oder haben Sie andere Erfahrungen gemacht? Wir freuen uns, wenn Sie Ihre Praxiserfahrungen mit uns teilen und wir sie an andere weitergeben dürfen!

      Haben Sie sonst Fragen? Wenden Sie sich damit gerne an Doris Ossberger unter do@wortklaviatur.at

      Digitaler Dienstag Oktober 2023

        Künstliche Intelligenz: Denken ist erlaubt

        Woran denken Sie bei dem Stichwort „künstliche Intelligenz“? Hoffentlich nicht an jemanden in Ihrem engeren Freundes- oder Bekanntenkreis. Wobei, solange es kein „jemand“, sondern ein „etwas“ ist, haben Sie wahrscheinlich recht. Lesen Sie weiter, dann erfahren Sie warum!

        Im Moment vergeht kaum ein Tag, an dem es nicht irgendetwas über künstliche Intelligenz zu hören oder zu lesen gibt. Damit verbunden sind viele Hoffnungen auf der einen Seite, aber auch Ungewissheit bis hin zu Ängsten auf der anderen. Was soll man da glauben?

        Was ist künstliche Intelligenz?

        Künstliche Intelligenz kürzt man mit KI ab. Manchmal lesen Sie vielleicht auch AI. Das ist die Abkürzung für das englische Wort: Artificial Intelligence.

        Eine KI ist ein Computersystem, das sich intelligent verhält. Das bedeutet, eine KI kann selbst denken und lernen. Dadurch kann sie Aufgaben so ähnlich wie ein Mensch ausführen.

        Moment: Eine KI soll denken können? Vielen Menschen wird bei dieser Vorstellung so schlecht, dass sie sie ganz und gar ablehnen. Es klingt ja auch ziemlich gespenstisch. Ob es das wirklich ist, hängt aber davon ab, was man unter „denken“ versteht.

        Kann ein Computer denken?

        KI wird von Menschen mit verschiedensten Informationen gespeist. Sie kann diese Informationen analysieren und kombinieren, um daraus Schlüsse zu ziehen und Entscheidungen treffen, die sie für ihre spezifische Aufgabe braucht. In diesem Sinn kann KI denken. Aber das ist auch nicht wirklich gespenstisch, oder?

        Das, was wir Menschen von uns selbst als „denken“ kennen, geht aber darüber hinaus. Und das hat vor allem damit zu tun, dass Menschen zusätzliche Eigenschaften und Fähigkeiten haben, die einem Computer nicht zur Verfügung stehen – allen voran ein Ich-Bewusstsein, eigene Gefühle und ein Einfühlungsvermögen für andere.

        Ist KI eine Konkurrenz für uns?

        Viele Menschen fühlen sich von KI bedroht, weil sie manche Aufgaben schneller und genauer erledigen kann. Sie haben Angst, durch KI ersetzt zu werden und ihre Arbeit zu verlieren. Auf der anderen Seite machen sich viele Menschen Sorgen, dass KI für Dienstleistungen eingesetzt wird, bei denen es wertvoll und wichtig ist, Kontakt mit menschlichen Mitarbeiter:innen zu haben. Chatbots, die auf Webseiten Fragen beantworten und versuchen, Probleme von Kund:innen zu lösen, sind ein klassisches Beispiel dafür.

        Dieses Beispiel zeigt auch, dass die Befürchtungen teilweise nicht so ganz von der Hand zu weisen sind. Es ist ja durchaus schon Realität, dass Menschen durch KI ersetzt werden, weil es wirtschaftlicher erscheint. Wir sind damit aber auch schon beim Grund dafür, warum wir Menschen dieser Konkurrenz durchaus gewachsen sein sollten.

        Menschen können nämlich viele Dinge, die KI nicht kann. Sie können zum Beispiel kritisch denken, die Folgen einer Entscheidung einschätzen und bewerten, ob sie in einer bestimmten Situation günstig sind oder nicht. KI kann Entscheidungen treffen, aber sie kann sie nicht verstehen und weiß nicht, ob sie sinnvoll sind oder nicht. Das können Menschen sehr wohl.

        Sind Sie bereit, der KI zu begegnen?

        Das will ich für Sie hoffen, denn höchstwahrscheinlich sind Sie das schon mehrmals. Vermutlich sogar tagtäglich. Und das ist auch gut so, denn dann wissen Sie, wie KI Menschen den Alltag erleichtern kann.

        Sicherlich haben Sie mindestens eine der folgenden Funktionen schon einmal genutzt: eine Suchmaschine im Internet, einen Spamfilter im E-Mail Programm, ein Navigationssystem oder ein Übersetzungsprogramm. All diese nützlichen Anwendungen nutzen KI – und ich bin sicher, mit diesen Beispielen im Hinterkopf fallen Ihnen selbst noch viel mehr ein.

        Hatten Sie sich unter KI eher eine Art menschenähnlichen Roboter vorgestellt? Auch das gibt es durchaus schon. Manche KI Systeme sind speziell darauf ausgerichtet, mit Menschen in Kontakt zu treten. Dazu werden sie dann auch so gestaltet, dass sie äußerlich an Menschen erinnern: durch ihr Aussehen, ihre Stimme oder andere typisch menschliche Merkmale.

        Ein Beispiel sind die schon erwähnten Chatbots auf Webseiten. Sie werden oft als Gesicht mit Text in einer Sprechblase dargestellt und haben einen Namen. Es gibt auch „echte“ mit KI ausgestattete Roboter, die zum Beispiel am Empfangsschalter von Hotels das Check-In mit den Gästen machen können. Sie haben einen Kopf, einen Rumpf, zwei Arme und zwei Beine und sprechen mit einer Stimme, die menschlich klingt. Gut, so etwas sind Sie vielleicht noch nicht selbst begegnet. Bestimmt kennen Sie aber virtuelle Assistenzprogramme wie Siri, Cortana oder Alexa, die sogar so reagieren als hätten sie Gefühle. Man glaubt dann zum Beispiel, dass sie gekränkt sind oder sich über das freuen, was man zu ihnen sagt.

        Sind Sie schon auf Du und Du mit KI?

        Nicht zuletzt wird KI auch bei verschiedensten Hilfsmitteln und assistiven Technologien eingesetzt. Sie macht es zum Teil auch einfacher, Dinge für alle zugänglich und barrierefrei zu gestalten – sowohl im digitalen Bereich als auch in realen Umgebungen. Für die kritische Einschätzung, bis wohin es vernünftig und hilfreich ist, KI einzusetzen, und ab wo sie womöglich kontraproduktiv wird, braucht es dennoch immer menschliche Intelligenz.

        Ab sofort wollen wir im Digitalen Dienstag hin und wieder Beispiele dafür genauer vorstellen. Wir werden darauf eingehen, welches Potenzial KI hinsichtlich Inklusion und Barrierefreiheit hat. Wir wollen aber auch aufzeigen, wo ihre Grenzen sind und es nicht empfehlenswert ist, sich auf KI zu verlassen.

        Bis dahin interessiert uns aber: Was fällt Ihnen dazu ein? Gibt es ein KI-System, mit dem Sie in ihrem Alltag gute Erfahrungen gemacht haben? Oder etwas, das wir uns genauer anschauen sollten? Welche Unterstützung können Sie sich beim besten Willen nur von einem Menschen vorstellen? Lassen Sie es uns wissen – in einer E-Mail an Doris Ossberger unter do@wortklaviatur.at

        Digitaler Dienstag September 2023

          Reiche Ernte: Digitale Unterschrift in Position

          Erinnern Sie sich noch an den Cliffhanger, mit dem ich Sie in den Sommer geschickt habe? Der Herbst bringt eine erfreuliche Auflösung: Jetzt funktioniert es wirklich, das Unterschreiben von PDF-Dokumenten mit der Handy-Signatur.

          Traurig, aber wahr: Wenn man sich beschwert, dass etwas nicht barrierefrei nutzbar ist, muss man meist damit rechnen, dass das nicht sehr viel bewirkt. Umso schöner ist, dass es bei der Positionierung der digitalen Unterschrift ganz anders gekommen ist.

          Was bisher geschah

          Im Juni wollten Susanne Buchner-Sabathy und ich berichten, wie Sie eine sichtbare digitale Unterschrift ohne Hilfe passgenau in ein PDF-Dokument einfügen können, auch wenn Sie es nicht sehen. Als wir das sicherheitshalber noch einmal ausprobiert haben, kam das böse Erwachen. Was kurz davor noch funktioniert hatte, stellte uns plötzlich vor so große Probleme, dass wir es Ihnen beim besten Willen nicht zumuten wollten. Genaueres können Sie im Digitalen Dienstag von Juni 2023 nachlesen.

          Das Beste kommt zuerst

          Moment, kommt das nicht üblicherweise zum Schluss? Schon möglich. Aber heute brechen wir mit dieser Tradition. Das traue ich mich jetzt einfach, weil es trotzdem noch genügend Fragen aufwerfen wird. Und die Antworten darauf werden Sie so interessieren, dass Sie weiterlesen. Wenn nicht, umso besser. Dann haben Sie wahrscheinlich die Info, die Sie wollten, und müssen sich durch den Rest nicht mehr durcharbeiten.

          Was ist also dieses angeblich Beste? Ganz einfach: Gehen Sie auf die Seite https://www.buergerkarte.at/pdf-sig-barrierefrei.html?locale=de. Sehen und hören Sie selbst: hier hat sich was getan. Alles, was Sie dazu brauchen, ist eine Handy-Signatur oder ID Austria und ein PDF-Dokument, das Sie unterschreiben wollen. Alles Weitere erfahren Sie in der Anleitung direkt auf der Seite. Die Bedienung funktioniert einwandfrei – sehend mit Maus oder Tastatur genauso wie mit dem Screenreader.

          Was zu sagen bleibt

          An dieser Stelle kann ich aufhören und Sie fröhlich Ihrer digitalen Wege ziehen lassen, könnte man meinen. So einfach ist das aber auch wieder nicht. Die Sache ist nämlich die: Die Anwendung ist jetzt barrierefrei bedienbar, das stimmt. Damit die Unterschrift aber wirklich punktgenau dort landet, wo sie hin soll, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Erst dann können blinde Menschen und Menschen mit Sehbehinderungen den ganzen Vorgang wirklich ohne Hilfe durchführen.

          Die sichtbare Unterschrift, die auch Bildmarke heißt, wird in dieser Anwendung Signaturblock genannt. Es gibt drei Methoden um festzulegen, an welche Stelle im Dokument sie platziert werden soll: automatisch, mit Platzhalter oder manuell.

          Automatisch mit allen Vor- und Nachteilen

          Für die erste Methode, die automatische Positionierung, braucht es keine speziellen Voraussetzungen. Der Signaturblock wird dabei einfach unterhalb der letzten Zeile des Dokumentinhalts eingesetzt. Falls auf derselben Seite kein Platz ist, wird dafür eine neue Seite hinzugefügt. Das erfüllt seinen Zweck vollkommen, solange es keine besonderen Ansprüche an das Layout gibt. In vielen Fällen werden Sie damit wunschlos glücklich sein.

          Wünschen will gelernt sein

          Wenn sich jemand der feinen Optik wegen für die Unterschrift eine ganz bestimmte Stelle im Dokument wünscht, dann ist das meistens die Person, die das Dokument erstellt und zum Unterschreiben ausgibt. Der beste Weg zu einem zufriedenstellenden Ergebnis ist also, dass diese Person die Info, wo die Unterschrift hin soll, von Haus aus mitliefert. Genau das braucht es auch für die beiden anderen Methoden zur Positionierung.

          Bei der Methode mit Platzhalter ersetzt der Signaturblock einen QR-Code. Das geht aber nur, wenn ein solcher QR-Code im Dokument enthalten ist. Die Person, die das PDF-Dokument erstellt, muss also mit dem Formular unter https://pdf.egiz.gv.at/pdf-as-wai/ einen QR-Platzhalter erzeugen und an der gewünschten Stelle einfügen. Dann muss sie noch der Person, die unterschreiben soll, Bescheid geben, dass sie die Platzhalter-Methode anwenden soll. Damit steht der barrierefreien Unterschrift nichts mehr im Wege.

          Ganz ähnlich ist es bei der manuellen Methode. Hier können Sie den Abstand eingeben, den die linke obere Ecke des Signaturblocks von der linken unteren Ecke des Dokuments haben soll. Das bringt Ihnen aber wenig, wenn Sie nicht sehen, wo im Dokument eine freie Stelle ist, und selbst Maß nehmen können. Das Problem entsteht aber gar nicht erst, wenn die Person, die das Dokument erstellt hat, die Werte für ihre Wunschposition gleich mitliefert.

          Mitdenken ist gefragt

          Kurz und gut: Ob die Unterschrift an der richtigen Stelle landet, hat die Person in der Hand, die das PDF-Dokument erstellt. Beziehungsweise letztlich die Person, die das Dokument unterschreiben lässt. Am besten ist es also, wenn diese Personen von Anfang an daran denken, die Voraussetzungen schaffen und die nötigen Informationen mitliefern. Ob die Person, die unterschreibt, darauf unbedingt angewiesen ist, ist letztlich nebensächlich. Komfortabler ist es auf diese Art und Weise für alle.

          Was können Sie tun?

          Das hängt davon ab, wer Sie sind und was Sie vorhaben. Erstellen Sie ein Dokument, das eine andere Person unterschreiben soll? Dann setzen Sie entweder einen QR-Platzhalter ein und informieren die Person darüber oder ermitteln Sie die Werte zum Eingeben bei der manuellen Methode und bitten Sie die Person, diese beim Unterschreiben einzugeben.

          Müssen Sie ein Dokument unterschreiben, bei dem niemand für diese Voraussetzungen gesorgt hat? Fordern Sie es aktiv ein! Je öfter das passiert, desto besser stehen die Chancen, dass sich ein Bewusstsein für den Mehrwert dieser Methode durchsetzt und man immer seltener extra nachfragen muss.

          Kontakt

          Mit allen Rückmeldungen wenden Sie sich gerne an Doris Ossberger unter do@wortklaviatur.at

          Digitaler Dienstag Juni 2023

            Ungefähr punktgenau: Unterschreiben mit der Handy-Signatur

            Hurra, es funktioniert wieder! Was? Sie können PDF-Dokumente unterzeichnen. Ohne Papier. Ohne Stift. Ohne Maus. Ohne etwas zu sehen auch? Jein. Warum nicht „ja“? Das erfahren Sie, wenn Sie weiterlesen.

            Der BSVÖ hat schon im Mai berichtet: Nach den Verschlechterungen Ende letzten Jahres können Sie ein PDF Dokument mit der Handy-Signatur nun auch wieder sichtbar unterschreiben, wenn Sie den Computer nur mit der Tastatur bedienen. Das ist erfreulich. Weniger erfreulich ist: Wenn Sie blind sind, können Sie nur die unsichtbare Version der elektronischen Unterschrift nutzen. Die ist zwar genauso rechtsgültig. In der Praxis erweckt eine sichtbare Unterschrift dennoch mehr Vertrauen beim Gegenüber.

            Was funktioniert?

            Für das Problem mit der sichtbaren Unterschrift durch nicht sehende Personen gibt es sinnvolle Ansätze, die aber noch nicht verlässlich funktionieren. Doch dazu später. Schauen wir uns zuerst einmal an, was schon gut geht.

            Die Anwendung, um ein PDF Dokument mit der Handy-Signatur zu unterschreiben, finden Sie unter diesem Link: https://www.a-trust.at/pdfsign. Sie haben die Wahl zwischen einer Unterschrift ohne und mit Bildmarke. Die Bildmarke ist eine Grafik, auf der unter anderem Ihr Name und der Zeitpunkt der Unterschrift zu lesen sind. Wie gesagt, die elektronische Unterschrift ist auch ohne diese Bildmarke rechtsgültig. Trotzdem hat die Bildmarke den Vorteil, dass man auf den ersten Blick sieht, dass es sich um ein unterschriebenes Dokument handelt.

            Wie funktioniert das Unterschreiben? Im Digitalen Dienstag von November 2022 haben wir das schon genau erklärt. Die Bedienung ist einfach und selbsterklärend.

            Bedienen Sie den Computer sehend statt mit Maus oder Touchpad mit der Tastatur? Dann können Sie die Bildmarke mit der Tastatur an eine gewünschte Stelle setzen. Das geht so: Bringen Sie mit TAB den Tastaturfokus auf die Bildmarke rechts am Bildschirm. Drücken Sie nun eine der Pfeiltasten. Die Bildmarke erscheint im linken oberen Eck des Dokuments. Von dort aus können Sie sie mit den Pfeiltasten verschieben.

            Aber etwas ist anders, als wir es im November beschrieben haben: Wenn Sie einen Screenreader nutzen, haben Sie keinen Zugang zur Option „Unterschreiben mit Bildmarke“. Sie können die Bildmarke nicht automatisch platzieren lassen. Nicht einmal die linke obere Ecke, wo sie zu Beginn der Positionierung mit der Tastatur automatisch landet, können Sie ihr zuweisen. Die tastaturgesteuerte Positionierung funktioniert nämlich nur ohne Screenreader. Und genau das ist der Punkt, der uns unzufrieden macht: Die Anwendung gibt blinden Menschen keine Möglichkeit, mit Bildmarke zu unterschreiben.

            Wo hakt es noch?

            Nun muss man zugeben: So ganz befriedigend war die Möglichkeit, die Unterschrift einfach irgendwo oder in einer der vier Ecken zu platzieren, sowieso nicht. Es würde auch normalerweise niemand auf die Idee kommen, ein Dokument in der linken oberen Ecke zu unterschreiben. Deshalb gibt es auf www.bürgerkarte.at zusätzlich zu der Anwendung, die A-Trust betreibt, eine Auswahl von Möglichkeiten, mit denen man die Position der Unterschrift barrierefrei festlegen kann. Besser gesagt: können sollte.

            Warum nicht „kann“? Ganz einfach: Die Lösungswege sind nicht schlecht, aber sie funktionieren technisch noch nicht so recht. Eigentlich hatten Dr. Susanne Buchner-Sabathy und ich sie ausprobiert, um Ihnen die Möglichkeiten etwas genauer zu beschreiben. Dabei ist uns aufgefallen: Ausgerechnet die Methode, die uns am besten gefallen hat, funktioniert nicht. Getestet haben wir übrigens mit dem Screenreader NVDA unter Windows 11.

            So wollten wir das nicht stehen lassen. Deshalb haben wir das österreichische Zentrum für sichere Informationstechnologie, kurz A-SIT, kontaktiert. Das A-SIT entwickelt nämlich diese Lösungen in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Finanzen. Erfreulicherweise hat man sich dort bemüht, das Problem rasch zu beheben. Und wirklich: Das Problem, das wir gemeldet haben, gibt es jetzt nicht mehr. Aber: Die restlichen Methoden funktionieren seither nicht mehr oder zumindest nicht verlässlich.

            Worauf dürfen wir hoffen?

            Wie gesagt, eigentlich wollten wir Sie mit Infos darüber, wie Sie ein PDF-Dokument mit der Handy-Signatur barrierefrei und sichtbar unterschreiben können, in den Sommer schicken. Das spielt es jetzt leider nicht. Wir sind aber vorsichtig optimistisch und laden Sie ein, sich uns dabei anzuschließen: Das A-SIT ist weiterhin sehr bemüht, die technischen Probleme zu lösen. Wenn alles gut geht, funktioniert die barrierefreie Positionierung der Bildmarke bald tatsächlich. Und sobald es soweit ist, versorgen wir Sie mit nützlichen Infos dazu. Dann erfahren Sie auch, welche Methode uns so gut gefallen hat und warum!

            Kontakt

            Dem Digitalen Dienstag gönnen wir im Juli und August eine Sommerpause. Trotzdem sind Ihre Fragen und sonstigen Rückmeldungen an Doris Ossberger unter do@wortklaviatur.at wie immer herzlich willkommen!

            Digitaler Dienstag Mai 2023

              Der Nase nach durch Wien: Gestalten Sie die Smell-Map mit!

              Sie lesen richtig: Heute geht es um etwas rein Wienerisches. Was hat das im österreichweiten BSVÖ Newsletter zu suchen? Ein Stadtplan, der Geruchseindrücke einer Stadt dokumentiert: Wie könnten wir Ihnen so etwas vorenthalten? Und: Um mitzugestalten müssen Sie gar nicht in Wien wohnen!

              „Wie schade“, meinte Susanne Buchner-Sabathy noch vor Kurzem zu mir, als sie das Projekt Smell-Map entdeckte. Gerade blinde Menschen und Menschen mit Sehbehinderungen hätten zu einem Geruchs-Stadtplan sicherlich viel Wertvolles beizutragen. Aber leider waren wesentliche Elemente der Anwendung zum Eintragen der Beiträge mit dem Screenreader nicht nutzbar. Ungewöhnlich erfreulich: Die Kontaktaufnahme mit den Verantwortlichen hat dazu geführt, dass ganz schnell Verbesserungen umgesetzt wurden. Wir freuen uns, Ihnen die Wiener Geruchskarte gemeinsam mit ein paar Tipps zur Nutzung vorstellen zu dürfen!

              Wer und was steckt dahinter?

              Das Projekt „Wien der Nase nach“ wird von Frau Dr. Stephanie Weismann geleitet. Sie ist Kulturwissenschaftlerin an der Universität Wien. Die Stadt Wien fördert dieses und andere Projekte mit aktiver Bürger:innen-Beteiligung (Citizen Science). Im Mittelpunkt steht dabei das „Wissen der Vielen“ also nicht nur das der Wissenschaftler:innen. Unter www.wienriecht.at finden Sie genauere Informationen zum Projekt.

              Gerüche spielen eine wichtige Rolle dabei, wie Menschen ihre Umgebung empfinden und welche Gefühle und Erinnerungen sie mit bestimmten Orten verbinden. Frau Weismann möchte mit dieser Karte dokumentieren, wie Menschen verschiedene Orte in Wien über deren Geruchslandschaft wahrnehmen.

              Alle, die einen Bezug zu Wien haben, sind eingeladen mitzumachen!   

              Der Nase nachgehen

              Wir erkennen Orte an den Eigenschaften, die für sie typisch, womöglich sogar einzigartig sind. Jeder Ort sieht anders aus. Und er riecht auch anders. Gerüche helfen uns also, Orte zu erkennen und einzuschätzen. Mit anderen Worten: Wir können uns unter anderem anhand von Gerüchen in unserer Umgebung orientieren. Besonders für Menschen, die das Sehen zur Orientierung schlecht einsetzen können, ist der Geruchssinn besonders wertvoll, um sich gut in einer Stadt zurechtzufinden.

              Wie funktioniert’s?

              An der Wiener Geruchskarte, auch „Smell-Map“ genannt, können Sie alle mitgestalten. Dafür müssen Sie in einem online Formular einen Ort in Wien auswählen, also eine Straße, einen Platz oder ein Gebäude. Dann tragen Sie ein, welche Gerüche Sie dort wahrgenommen haben. Vor allem sollen Sie aber angeben, womit Sie diese Gerüche verbinden: zum Beispiel mit Alltag oder Feierabend, mit einer romantischen Stunde im Park oder den unangenehmen Seiten der Großstadt, mit einer Kindheitserinnerung oder einem aktuellen Erlebnis. Außerdem können Sie bewerten, wie gut oder schlecht Sie einen Geruch erlebt haben.

              Das online Formular können Sie entweder am PC oder am Smartphone aufrufen und ausfüllen. Sie finden es unter folgendem Link: https://survey123.arcgis.com/share/172b418791c94f05bf415525af460f1c

              Tipps zum Ausfüllen mit dem Screenreader

              Grundsätzlich sind alle Bereiche des Formulars mit dem Screenreader gut zugänglich und bedienbar. Mit einer Ausnahme, und die ist für die Funktion wesentlich: der Standortangabe.

              Mit den folgenden Infos im Hinterkopf wird es Ihnen leichter fallen einzugeben, wo Sie einen bestimmten Geruch erschnuppert haben.

              Am einfachsten ist es, das Formular am PC auszufüllen. Dort gibt es nur eine Feinheit, die aber nicht weiter ins Gewicht fällt: Das Textfeld, in das Sie den Standort eingeben können, macht automatisch Vorschläge für den Eintrag. Mit dem Screenreader können Sie diese Vorschläge eventuell nicht auslesen. Sie können die Adresse aber einfach selbst eintragen und sie wird einwandfrei gefunden.

              Apropos Textfeld: Obwohl es zur Adresseingabe dient, ist es mit „Suche“ beschriftet. Das könnte Sie verwirren, muss es aber nicht, weil Sie ja jetzt darauf vorbereitet sind.

              In der mobilen Version, also am Handy, wird Ihnen nach der Kurzanleitung unter der Überschrift „Wo riecht es? Wo hat es gerochen?“ folgender Text vorgelesen: „Zum Festlegen der Position drücken“. Das ist eine Schaltfläche, aber das wird nicht angesagt. Wenn Sie sie aktivieren, gelangen Sie zu der Kartenanwendung mit dem Textfeld, in das Sie den gewünschten Ort eintragen können. Wischen Sie einmal nach rechts, dann befindet sich der Fokus in diesem Textfeld.

              Achtung: Sie gelangen durch Weiterwischen auch zu anderen Elementen des Fragebogens, die am Bildschirm nicht sichtbar sind. Lassen Sie sich davon nicht irritieren und wischen Sie einfach wieder nach links bis zu den Bedienelementen der Kartenanwendung.

              Die Eingabe von Text ist am Handy leider nicht ganz einfach. Sie können aber mit der Schaltfläche „eigenen Standort suchen“ den Standort in Wien, an dem Sie sich gerade befinden, automatisch eintragen lassen. Daher unsere Empfehlung: Nützen Sie zum Ausfüllen der Wiener Geruchskarte das Handy nur, wenn Sie gerade in Wien unterwegs sind und einen Geruch direkt vor Ort dokumentieren wollen. Ansonsten ist es einfacher, den Eintrag am PC zu machen.

              Lust auf mehr?

              Im Rahmen des Projektes „Wien der Nase nach“ gibt es zusätzlich zur digitalen Wiener Geruchskarte auch Smell-Workshops vor Ort. Zur Teilnahme eingeladen sind Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren sowie Senior:innen ab 60 aus dem 17. und 21. Wiener Gemeindebezirk. In einem mehrtägigen Programm dreht sich alles um lokale Geruchswelten: Es erwartet Sie ein ausführlicher Geruchsspaziergang, ein Geruchstagebuch-Schreibtraining und ein abschließendes Geruchsgespräch von Junior- und Senior-Teilnehmer:innen.  

              Wenn Sie sich dazu anmelden wollen oder Fragen zum Projekt haben, erreichen Sie Frau Stephanie Weismann unter info@wienriecht.at

              Wie immer freut sich auch Doris Ossberger über Ihre Nachricht an do@wortklaviatur.at

              Digitaler Dienstag April 2023

                Twitter mal anders: Vögel an der Stimme erkennen

                Viele haben sich vergangenes Wochenende auf die Pirsch nach Ostereiern gemacht. Wir haben auch etwas gesucht: eine barrierefreie Möglichkeit, Vogelstimmen mit digitaler Unterstützung ihren Urheber:innen zuzuordnen.

                Mit „wir“ meine ich in diesem Fall in erster Linie Susanne Buchner-Sabathy. Ich selbst hatte vor einiger Zeit schon einmal in Hinblick auf einen digitalen Frühlingsdienstag zu recherchieren begonnen, aber relativ schnell wieder aufgegeben. Bis zum Barriere-Check habe ich es damals gar nicht geschafft, denn ich bin schon davor an den Launen meiner Kinder gescheitert. Die waren zunächst begeistert, als meine jüngere Tochter von der Smartphone App „BirdNET“ als Eule identifiziert wurde. Die Stimmung kippte, als die ältere Schwester es ihr gleichtun wollte und lesen musste, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Mensch sei. Auch ich wollte mir diese Beleidigung meiner Kinder natürlich nicht gefallen lassen und habe den Frühling mitsamt seinem Vogelgezwitscher aus Protest vorläufig auf Eis gelegt.

                BirdNET unter der Lupe

                Wie bereits angedeutet, hatte Susanne Buchner-Sabathy mehr Geduld und hat sich der Frage noch einmal angenommen. Wo wir schon bei BirdNET waren: Wie tut sich die mit echten Vögeln?

                Prinzipiell gar nicht so schlecht. Zumindest berichten das so manche sehende Nutzer:innen. Die App dürfte eine ganz gute Trefferquote haben. Lang nicht so gut steht es leider um die Nutzbarkeit mit dem Screenreader. Der Grund dafür ist eine ganz zentrale Funktion: das Eingrenzen jenes Teils der Aufnahme, den die App analysieren soll. Der erste Teil der Bedienung ist ganz einfach: Sie nehmen das Gezwitscher auf, indem Sie eine Schaltfläche aktivieren. Dann halten Sie die Aufnahme durch Drücken der „Pause“ Taste an. Das lässt sich beispielsweise mit VoiceOver noch gut bewerkstelligen.

                Aber dann kommt’s: Damit die App die Aufnahme analysiert und Ergebnisse anzeigt, müssen Sie zuerst den Teil der eingrenzen, auf dem das Vögelchen gut zu hören ist. Visuell wird die Aufnahme als Spektrum angezeigt und Sie können den gewünschten Teil durch einfaches Wischen von links nach rechts markieren. Ist der Screenreader eingeschaltet, so lässt sich dies Funktion aber nicht bedienen. Damit ist es unmöglich, den Schritt zu machen, den die App verlangt, um ein Ergebnis zu verkünden.

                Machbar wäre es

                Jetzt denken Sie vielleicht, da kann die App doch nichts dafür, wenn man das Spektrum nicht sieht und nicht darauf herumwischen kann. Stimmt, einen Teil gezielt genau so auszuwählen, wäre für blinde Menschen wohl auch schwierig, wenn die Funktion mit dem Screenreader ansteuerbar wäre. Das heißt aber nicht, dass man nicht mit Alternativen arbeiten könnte.

                Eine einfache Lösung, die schon sehr weiterhelfen würde, wäre die Möglichkeit, einfach die ganze Aufnahme analysieren zu lassen. Etwas gefinkelter, aber immer noch umsetzbar: eine Option wie z.B. „Zweite Hälfte der Aufnahme analysieren“ anzubieten, wenn es in der ersten Hälfte Störgeräusche gibt.

                Auch für sehende Nutzerinnen und Nutzer wären solche Optionen praktikabel, denn zumindest ich habe mich sowieso jedes Mal ziemlich herumgeärgert, bis ich einen geeigneten Ausschnitt mit Chancen auf das Ergebnis „Eule um des Hausfriedens Willen“ erwischt habe.

                Kann es eine andere App besser?

                Nicht wirklich. Falls Sie keine Lust auf die Details haben: Das war die Essenz der folgenden drei Absätze.

                Drei Apps hat sich Susanne Buchner-Sabathy angehört. Das gelbe vom Osterei waren sie in puncto Barrierefreiheit alle nicht. Genauer gesagt: Halbwegs bedienbar mit dem Screenreader ist nur eine und die ist nicht gratis. Die einzige der drei Apps, die schon gratis ist, ist vom Naturschutzbund Deutschland und heißt „NABU Vogelwelt“. Sie ist aber mit dem Screenreader leider gar nicht zugänglich.

                Die anderen beiden Apps kosten jeweils EUR 4,99. Nicht die Welt, aber wenn man sie nicht nutzen kann, allemal rausgeschmissenes Geld. Bei der App „Zwitschomat“, die es nur für das iPhone gibt, ist das so. Im Test konnte trotz Offenlegung der GPS-Daten nur eine englischsprachige Version heruntergeladen werden, die App ist mit dem Screenreader nicht bedienbar und sowieso wurden die Spatzen im Garten mit hoher Sicherheit als Steinkäuze identifiziert.

                Am besten abgeschnitten hat noch die App „Vogelstimmen ID“. Und zwar sowohl im Screenreader- als auch im Vogelkundler-Test, den wir im Internet gefunden haben. Die Begeisterung ist allerdings auch in beiden Fällen verhalten. Die Treffsicherheit dürfte zwar etwas besser als bei „Zwitschomat“ sein, aber so richtig verlässlich sind die Ergebnisse nicht. Mit dem Screenreader ist die App eingeschränkt bedienbar. Das ist besser als gar nicht, aber auch schlechter als ganz.

                Hilfe beim selbst Erkennen

                Das mit „Handy in die Luft halten und wissen, was zwitschert“ scheint nicht so toll zu funktionieren. Entweder sind die Ergebnisse zu unverlässlich oder Screenreader-Nutzer:innen erfahren sie erst gar nicht. Oder beides. Soll das alles gewesen sein? Naja, ein bisschen etwas hält die digitale Welt schon bereit, um uns das analoge Vogelerkunden zu erleichtern. Und zwar mit Hörmaterial, das uns hilft, die Vogelstimmen in natura selbst wiederzuerkennen.

                Gezwitscher aus Deutschland

                Ein Beispiel ist die Internetseite https://www.deutsche-vogelstimmen.de/. Auf der Seite gibt es auch einen Shop, aber den brauchen Sie nicht, um Zugang zu den Hörbeispielen zu bekommen. Auf der Startseite finden Sie zunächst eine Auswahl von Vögeln. Sie können sich dann alle Vögel von A bis Z anzeigen lassen und so gezielt nach einem suchen. Alternativ können Sie sich auch verschiedene Vogelfamilien anzeigen lassen, um zu all ihren Angehörigen zu gelangen. Die Links finden sie jeweils unter der Hauptüberschrift und erreichen sie mit TAB.

                Sobald Sie einen Vogel ausgewählt haben, können Sie sein Lied, seinen Ruf und teilweise auch seinen Alarm- oder Bettelruf abspielen. Zumindest mit dem Screenreader funktioniert das, denn damit können Sie mit den Pfeiltasten zu den verschiedenen Rufarten gelangen. Mit TAB können Sie sie leider nicht ansteuern, was für sehende Tastaturnutzer:innen sehr schade ist. Zum Player können Sie den Fokus aber mit TAB bewegen und sich zumindest das Lied anhören.

                Am Smartphone erreichen Sie die Audios bei aktiviertem Screenreader mit 1-Finger-Wischgesten und aktivieren sie durch Doppeltipp. So gelangen Sie auch zu den verschiedenen Rufarten. Die Reihenfolge verlangt Ihnen vielleicht etwas Geduld ab: Bevor Sie zum Player des Lieds kommen, springt der Fokus zunächst zu einer Rufart nach der anderen. Wenn Sie eine andere Rufart auswählen und den Player erreichen wollen, müssen Sie mit dem gleichen Spiel rechnen.

                Insgesamt fielen uns auf die Frage nach Verbesserungsmöglichkeiten auf der Seite zwar durchaus passende Antworten ein. Sie lässt sich aber insbesondere mit Screenreader einigermaßen bedienen.

                Und so klingt die Natur in Österreich

                Als Beispiel aus Österreich stellen wir Ihnen die Webseite der Österreichischen Bundesforste vor. Dort gibt es verschiedene Naturklänge zum Herunterladen als mp3 Datei: https://www.bundesforste.at/natur-erleben/naturklaenge/ringtones.html

                Mit diesem Link gelangen Sie auf eine Seite mit der Überschrift Ebene 1 „Ringtones – So klingt Österreichs Artenvielfalt“. Danach folgen Buchstabenlinks und wiederum danach verschiedenste Tiere und Naturumgebungen in alphabetischer Reihenfolge jeweils mit einer kurzen Beschreibung. Haben Sie gerade keine Lust, sich mit TAB durch diese ganze Liste zu wühlen? Dann wählen sie am besten den Buchstabenlink, unter dem Sie sich das Tier erwarten, nach dessen Geräusch Sie suchen. Zum Beispiel das „S“ für den Schwan.

                Wenn Sie das gewünschte Tier gefunden und den Link dazu ausgewählt haben, wird eine neue Seite geladen. Dort gibt es eine Überschrift Ebene 2 mit dem Tiernamen und darunter zwei Links zum Herunterladen: Hinter „Download Klingelton“ verbirgt sich das Geräusch als mp3 Datei, hinter „Download Wallpaper“ ein Foto des Tiers als JPEG Datei.

                Nach den Links gibt es einen Text mit einer etwas längeren Beschreibung. Darunter gibt es ein Foto und – oho! – auch die Möglichkeit, sich das Geräusch anzuhören ohne es herunterzuladen. Das merken Sie aber nur, wenn Sie den Mauszeiger über das Foto bewegen und ein Symbol erscheint, das impliziert, dass Sie die Wiedergabe von irgendetwas starten können. Oder Sie wissen es, weil wir es Ihnen verraten haben. Mit der Tastatur erreichen Sie diesen Player leider ohne Screenreader nicht. Mit Screenreader geht es, und zwar beispielsweise so: Sie bewegen den Fokus mit der Pfeiltaste zum Element nach der Grafik, die nun als „anklickbar“ ausgegeben wird. Nun können Sie mit der Leertaste oder ENTER die Audiowiedergabe starten oder stoppen.

                Kontakt

                Haben Sie sich schon einmal mit Vogelstimmen befasst? Haben wir vielleicht Ihr Interesse geweckt? Oder lassen Sie das Zwitschern lieber nur als Geräuschkulisse auf sich beruhen? So oder so, wir wünschen Ihnen einen sonnigen Start in den Frühling. Und wenn Sie etwas mit uns teilen wollen, freut sich Doris Ossberger wie immer auf eine E-Mail an do@wortklaviatur.at!

                Digitaler Dienstag März 2023

                  Aufgeputzt und durchgetaggt: Schnellcheck fürs PDF

                  „Check mal schnell“, ist leicht gesagt. Wenn Sie oft damit konfrontiert sind, sehen Sie Dokumenten ihre Barrieren wahrscheinlich an der Nasenspitze an. Aber ganz ehrlich: Haben Sie deshalb Lust, jeder auch noch so gut gemeinten Bitte um Überprüfung eines PDF die Zeit zu widmen, in der Sie beispielsweise die ersten Sonnenstrahlen des Frühlings genießen könnten? Eben. Deshalb gibt es heute eine Anleitung für alle, die sich selbst ein Bild machen können wollen.

                  Informationen in digitale Dokumente zu verpacken, ist ein guter Weg, sie ziemlich vielen Menschen zugänglich zu machen. Dass diese Dokumente dafür barrierefrei sein müssen, ist hinlänglich bekannt – oder sollte es zumindest sein. Wie diese Barrierefreiheit ohne einschlägige Superkräfte hergestellt werden kann, erfahren Sie zum Beispiel im Infoblatt des BSVÖ. Auch, wenn man das Barrierefreiheits-Einmaleins gewissenhaftest beherzigt, gilt im Zweifelsfall dennoch: Selbstvertrauen ist gut, Selbstkontrolle ist besser. Und wie sieht es mit Dokumenten aus, die man gar nicht selbst erstellt hat? Wie lässt sich überprüfen, ob das Ergebnis kann, was es soll?

                  Offensichtliches ist offensichtlich

                  Der Fokus des Kopfzerbrechens liegt meist eher darauf, ob die Zugänglichkeit für Screenreader-Nutzer:innen gegeben ist. Eigentlich fängt die Barrierefreiheit eines Dokuments bereits mit dessen graphischer Gestaltung an. Mit anderen Worten: Wie ein Dokument aussieht, macht für seine Lesbarkeit schon sehr viel aus. Gibt es eine Gliederung mit Überschriften? Wie ist das Schriftbild – wurden leserliche Schriftzeichen ohne „Schnörksel“ gewählt, ist die Schrift groß genug und hat sie einen guten Kontrast zum Hintergrund? All das kann für die grobe Einschätzung getrost eine sehende Person mit einem ehrlich kritischen Blick beurteilen. Man braucht dazu kein besonderes Testwerkzeug.

                  Dasselbe gilt für verschiedene andere grundsätzliche Aspekte: Wie werden Farben eingesetzt? Ist das, was sie vermitteln, auch anders erkennbar? Werden Tabellen richtig verwendet? Gibt es Elemente, die für Screenreader-Nutzer:innen eventuell problematisch sein könnten – z.B. Fußnoten oder Inhalte in Kopf- und Fußzeile?

                  Screenreadertest ohne Screenreader

                  Das Arbeiten mit dem Screenreader braucht schon etwas Übung. Mehr noch: Man muss Routine in der Nutzung eines Screenreaders haben, um beurteilen zu können, wie gut etwas damit zugänglich ist. Ob die Voraussetzungen, die das Dokument dafür bieten muss, gegeben sind, kann man aber sogar ohne Screenreader oder weitere Hilfsmittel einschätzen. Das geht so:

                  Man öffnet das Dokument beispielsweise im Adobe Acrobat Reader. Hat es einen Dokumenttitel, so scheint dieser in der oberen Leiste auf. Als nächstes schaut man sich in der vertikalen Menüleiste am linken Bildschirmrand die Lesezeichen an. Findet man hier die Überschriften aller Ebenen und kann sie anwählen? Wenn ja, dann passt die Tag-Struktur. Nun markiert man den Text vom Anfang bis zum Ende. So kann man feststellen, ob alle Textteile in der richtigen Reihenfolge gelesen werden. Das ist dann der Fall, wenn die Markierung nirgends an eine falsche Stelle „springt“. Den markierten Text kopiert man, dann öffnet man ein Textverarbeitungsprogramm wie Word, OpenOffice Writer oder LibreOffice Writer oder auch einfach nur den Texteditor. Dort fügt man den Text ein und kontrolliert noch einmal, ob er auch da vollständig und in der richtigen Reihenfolge lesbar ist.

                  Zum Schluss überprüft man noch, ob alle Bilder sinnvolle Alternativtexte haben. Dazu bewegt man den Mauszeiger über jedes Bild und schaut, ob ein Text aufscheint. Diesen Text sollte man dann noch kritisch hinterfragen: Liefert die Bildbeschreibung den Leser:innen, die das Bild nicht sehen, die Informationen, für die es im jeweiligen Zusammenhang eingesetzt wurde?

                  Screenreadertest mit Screenreader

                  Wenn man möchte, kann man sich auch ohne Erfahrung mit Screenreader-Programmen, einen ganz groben Eindruck verschaffen, wie sich das Dokument für Screenreader-Nutzer:innen anhört. Dafür installiert man am besten den kostenlosen Screenreader namens NVDA auf dem Computer und schaltet ihn ein. Das geht ganz einfach mit der Tastenkombination Strg+Alt+N.

                  Daran, ob die Aussprache zur Sprache passt, in der der Text geschrieben ist, merkt man schnell, ob die Sprache im Dokument richtig eingestellt ist. Ist sie das nicht, ist das Vorgelesene oft kaum verständlich. Zum Testen der Navigation bewegt man sich nun mit den Tasten H bzw. Umschalt+H von Überschrift zu Überschrift. Dann kann man probieren, mit den Tasten TAB bzw. Umschalt+TAB zu Links im Dokument zu gelangen.

                  Schnell gecheckt ist halb gewonnen

                  Ein Schnellcheck ist ein Schnellcheck – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wenn er zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führt, heißt das nicht, dass man es auf jeden Fall mit einem super barrierefreien Dokument zu tun hat, an dem es nichts auszusetzen gibt. Im Zweifelsfall ersetzt er auch nicht eine Überprüfung durch eine Person, die sich wirklich gut mit den Details auskennt. Und dennoch: Es ist die Mühe wert. Erstens kann man damit sicherstellen, dass das Dokument, mit dem man seine Leser:innen beglückt, zumindest im Großen und Ganzen angenehm und effizient lesbar ist. Zweitens sorgt man dafür, dass sich eine Person, der man das Dokument eventuell doch zur genaueren Überprüfung gibt, nicht über Fehler ärgern muss, die man auch selbst hätten korrigieren können. Der Hund liegt nach einem Selbstcheck also mit hoher Wahrscheinlichkeit nur mehr in Details, die für niemanden eine unüberwindbare Hürde darstellen.

                  Da war doch noch was

                  Ist Ihnen aufgefallen, was unser kleiner Barriere-Check gar nicht enthält? Genau, den Inhalt! Natürlich ist das technisch zugänglichste Dokument nicht barrierefrei, wenn das, was drin steht, schwer zu verstehen ist. So wichtig dieser Aspekt ist, so umfassend ist er. Bei unserem Schnellcheck beschränken wir uns deshalb bewusst auf die technischen Voraussetzungen. Wenn Sie möglichst viele Leser:innen erreichen wollen, sollten Sie auf dieser Basis natürlich auch auf gut verständliche Texte achten!

                  Kontakt

                  Sie erreichen Doris Ossberger, die Autorin dieses Beitrags, per E-Mail unter do@wortklaviatur.at

                  Digitaler Dienstag Februar 2023

                    Barrierefrei mit Baukasten: WordPress und mein Nervenkostüm

                    Trat ich heute vor die Türe, sapperlot, was sah ich da? Keine Vögel beim Tanzen, wie es der eben angesungene Faschingsohrwurm erwarten ließe, dafür einiges zum Wegkehren. Und zwar nicht unter den Teppich, sondern ab in den digitalen Dienstag!

                    Die Rede ist von meiner virtuellen Türe, dem Zugang zu meiner Webseite, die ich mir als angehende Kleinunternehmerin einbilde zu brauchen, um auf dem Markt eine Chance zu haben. Dass die Seite für alle zugänglich sein soll, versteht sich von selbst. Schon einmal deshalb, weil ich nicht Wasser predigen und dann die Welt mit Wein überfluten kann. Aber ganz abgesehen davon schmeckt dieses Wasser ja wirklich gut und ist gesund – blöd wäre ich, auf den Erfolgsfaktor Barrierefreiheit einfach zu verzichten.

                    Selbst ist die Frau

                    Wenn ich gleich erzähle, wie ich mich als absolute Webdesign-Amateurin an die Gestaltung meiner Webseite gemacht habe, werden sich Profis auf dem Gebiet vermutlich an den Kopf greifen, die Augen verdrehen und sich etwas denken wie: ‚Meine Güte, was erwartet sie sich denn – es hat halt einen Grund, dass man so etwas Leute machen lässt, die sich damit auskennen!‘. Das stimmt sicher. Allerdings geht es mir wie wahrscheinlich den meisten am Beginn einer selbständigen Berufstätigkeit: Meine finanziellen Ressourcen erlauben mir nicht gerade, mit Geld um mich zu werfen, und wo ich eine Möglichkeit sehe, etwas einzusparen, tue ich das auch – wohlwissend, dass es mich vielleicht dafür etwas mehr Zeit und Nerven kosten wird.

                    Zurechtfinden im Baukastendschungel

                    Nicht zuletzt werben ja verschiedenste Anbieter damit, dass es im Grunde kinderleicht ist, ohne jegliche Vorkenntnisse eine Webseite zu kreieren, die sich sehen lassen kann. Ich möchte, dass sie sich nicht nur richtig deutlich sehen, sondern auch genauso gut hören lassen kann. Und nicht nur das. Ich will zumindest bis zu einem gewissen Grad selbst bestimmen können, wie die Seite aussieht und aufgebaut ist. Eine vorgefertigte Webseite mit unveränderbarem Design, wo ich nur mehr meine Inhalte eingeben muss, kommt für mich also nicht in Frage – so praktisch das für manch andere:n sein mag. Dass ich flexibel gestalten kann, ist mir sehr wichtig. Vom Programmieren habe ich allerdings absolut keine Ahnung. Deshalb bin ich zum Webseitenbasteln auf Bausteine und Werkzeuge angewiesen, die meine Nicht-Programmier-Sprache sprechen. WordPress, so erfahre ich, ist genau auf Bedürfnisse wie meine ausgerichtet. Und mehr noch: Angeblich ist auch die Barrierefreiheit dabei keine Hexerei. Ich bin überzeugt. Es kann losgehen.

                    Die Qual der Layout-Wahl

                    Als Grundgerüst für die Webseite darf man sich bei WordPress zunächst einmal ein sogenanntes „Theme“ aussuchen. Davon gibt es unzählige und überhaupt als Neuling auf dem Gebiet bin ich von der Auswahl auf den ersten Blick komplett überfordert. Nachdem ich den ersten Schock überwunden habe, helfen mir die beiden für mich wesentlichsten Kriterien beim Eingrenzen der Suche: Das Theme darf mich nichts kosten und es muss auf Barrierefreiheit ausgerichtet sein. Beides lässt sich als Suchfilter problemlos einstellen und siehe da: Von etwa 5.400 kostenlosen Themes werden mir nur mehr 88 „für Barrierefreiheit geeignete“ angeboten. Etwas kniffliger ist es mit dem dritten Kriterium, auf das ich Wert lege: die Möglichkeit, selbst Anpassungen vorzunehmen. Gerade bei den kostenfreien Themes ist oft besonders vieles fix vorgegeben. Möchte man mehr Gestaltungsfreiheit, muss man tiefer in die Tasche greifen. Um herauszufinden, was genau ein Theme diesbezüglich bietet, führt kein Weg daran vorbei, es sich probeweise zu installieren und im Detail anzuschauen.

                    Schrittweises Herantasten

                    Wie dem auch sei, nach ein bisschen Recherche und Herumprobieren habe ich mich für ein Theme entschieden, die Entscheidung über den Haufen geworfen, eine andere getroffen, sie revidiert, gegen die Verzweiflung und den Drang, mir professionelle Hilfe zu holen, angekämpft, mich aufgerappelt, diesen ganzen Prozess einige Male durchgemacht und letztlich ein Theme gefunden, mit dem ich ganz zufrieden bin und bei dem ich bleibe. „Neve“ heißt es.

                    Ausgestattet mit dem Motivationskick, den mir der endlich gelungene Schritt gegeben hat, mache ich mich also an die Arbeit. Ich erstelle ein Hauptmenü, setze mein Logo davor und verpasse ihm einen Alternativtext. Ich spiele mit den Farben, Schriftarten und -größen und dem gesamten Layout herum, bis es mir gefällt. Neve erlaubt mir hier wirklich ziemlich viele Einstellungsmöglichkeiten über Menüs, mit denen ich nach einer kurzen Gewöhnungsphase ganz gut zurechtkomme. Nebenbei gesagt, für mich ist das genau, was ich wollte, und ich achte natürlich nach bestem Wissen und Gewissen auf gute Sichtbarkeit aller Elemente. Tut das jemand – mit oder ohne Absicht – nicht, birgt es das Risiko, dass die Barrierefreiheit mit wenigen Klicks den Bach runter geht. Da hilft dann das bestgemeinte Grundgerüst nichts.

                    Plugins zum Aufmotzen

                    Wenn das Theme etwas nicht kann, das man gerne hätte, muss man auch nicht unbedingt gleich in den Programmiercode einsteigen. Für viele Eigenschaften und Funktionen gibt es sogenannte Plugins. Viele davon sind ebenfalls kostenlos und alles, was man machen muss, ist sie finden, installieren und aktivieren. Ist man mit dem Ergebnis nicht zufrieden, kann man sie einfach deaktivieren und alles ist wieder gut. Etwas Vorsicht ist dennoch geboten, denn unter bestimmten Bedingungen können Plugins die Eigenschaften der Webseite auch verschlechtern. Man sollte sie also mit Maß und Ziel einsetzen.

                    Ein guter Grund, es mit dem einen oder anderen Plugin zu versuchen, ist die Verbesserung der Barrierefreiheit. Empfehlungen dazu, was es da an brauchbaren Möglichkeiten gibt, sind schnell ergoogelt. Beim Ausprobieren einer Handvoll solcher Plugins fällt mir auf, dass viele nicht so ganz das halten, was sie versprechen. Die meisten entferne ich daher fürs Erste wieder. Eines behalte ich. Es heißt „WP Accessibility“ und lässt mich unter anderem Einstellmöglichkeiten für Schriftgröße und Kontrast per Knopfdruck anbieten.

                    Beim besten Willen nicht fehlerfrei

                    Ausgerechnet dieses Plugin, das für einen ganz besonders hohen Barrierefreiheitsstandard sorgen soll, kommt Screenreadernutzer:innen beim Aufrufen meiner Webseite sofort in die Quere. Noch bevor man erfährt, wo man überhaupt gelandet ist, werden die Einstelloptionen für Kontrast und Schriftgröße vorgelesen. Darauf so früh wie möglich aufmerksam zu werden, mag für jene, die gleichzeitig sehend und mit Screenreader unterwegs sind, zwar durchaus sinnvoll sein. Zumindest dem Seitentitel könnte diese Information aber doch den Vortritt lassen. Beeinflussen kann ich das Ganze nicht. Von den Entwickler:innen des Plugins, die das könnten, habe ich auf meine Frage dazu noch keine Rückmeldung bekommen. Wenn es dabei bleibt, stehe ich vor der Wahl: Verzichte ich auf die Einstellmöglichkeiten für die Bildschirmanzeige, um eine optimale Menüstruktur zu gewährleisten, oder behalte ich sie, wohlwissend, dass die eigenwillige Lesereihenfolge unter Screenreader-Nutzer:innen zu Verunsicherung führen könnte? Schwierig. Und schade, dass ich mich überhaupt entscheiden muss.

                    Aber auch ohne Plugins wird bei näherem Hinhören deutlich, dass Neve den einen oder anderen Verstoß gegen die WCAG mitbringt. Öffnet man die Webseite auf dem Smartphone, stößt man bei der Nutzung mit dem Screenreader auf zwei Fehler: Erstens funktioniert der Sprunglink am Anfang der Seite nicht richtig. Eigentlich sollte man damit direkt zum Inhalt gelangen, tatsächlich bringt er einen immer zurück zum Seitenanfang. Zweitens wird das Menü in der mobilen Version als Schaltfläche dargestellt, mit der man es auf- und zuklappen kann. Das allein wäre noch kein Problem. Allerdings wird nicht angesagt, in welchem Zustand sich die Schaltfläche gerade befindet, also ob das Menü ein- oder ausgeklappt ist. Eine dritte Unklarheit verursacht der Copyright-Hinweis von Neve in der Fußzeile sowohl in der Web- als auch in der mobilen Version. Er lautet „Neve|Präsentiert von WordPress“. Die Worte „Neve“ und „WordPress“ sind als Links zu Webseiten mit weiterführenden Informationen ausgeführt. Nachdem Sie den Artikel bis hierher gelesen haben, wissen Sie, dass es sich bei Neve um das WordPress-Theme handelt, auf dem die Seite aufgebaut ist. Damit würde Ihnen das Problem vielleicht gar nicht auffallen. Ohne dieses Vorwissen ist aber unklar, was die Links zu bedeuten haben. Bei der sehenden Nutzung fällt das vermutlich weniger ins Gewicht, weil die Fußzeile vom restlichen Inhalt klar abgegrenzt ist und man sie automatisch ausblendet. Mit dem Screenreader stolpert man zwangsläufig darüber und wird möglicherweise davon verunsichert. Um den Copyright-Hinweis bearbeiten zu können, müsste man die kostenpflichtige Version von Neve installieren. Das ist auch recht und billig. Aber sollte man sich bei einem als barrierefrei ausgewiesenen Theme nicht darauf verlassen können, dass die Elemente, die man nicht verändern kann, die Anforderungen der Barrierefreiheit erfüllen?

                    Einsicht lässt zu wünschen übrig

                    Wäre ich nicht so tief in der Materie, wie ich es nun mal bin, und hätte ich keine Expertin zum Testen an der Hand, hätte ich diese Probleme vielleicht gar nicht bemerkt und wäre davon ausgegangen, dass in puncto Barrierefreiheit mit meiner Webseite alles in bester Ordnung ist. Es scheinen auch allesamt keine Hürden zu sein, die irgendjemanden komplett ratlos vor der virtuellen Türe stehen lassen. Überglücklich machen sie mich trotzdem nicht und peinlich sind sie mir außerdem. Deshalb suche ich Hilfe im WordPress-Forum, in dem unter anderem die Entwickler:innen der Themes Unterstützung bei Problemen auch mit den kostenlosen Versionen bieten.

                    Die erste Erfahrung dort ist eine sehr positive. Was ich nämlich noch nicht erwähnt habe, ist, dass mir das Erscheinungsbild des Tastaturfokus – ein knallblauer Rahmen – nicht besonders gut gefällt. Deshalb frage ich in dem Forum, ob es da eine Anpassungsmöglichkeit gibt, und prompt wird mir ein Code zum Eingeben in das CSS verraten. Das funktioniert hervorragend.

                    Bei den anderen drei Problemen steht es um die Hilfsbereitschaft seitens der Entwickler:innen schlechter. Beantwortet wird schon einmal nur meine Anfrage wegen der unklaren Links im Copyright-Hinweis und diese Antwort ist unbefriedigend: Man zeigt Verständnis für mein „besonderes Bedürfnis“, erklärt mir aber, dass es sich nicht mit den Wünschen des Großteils der Anwender:innen decke und man daher auch nichts ändern würde. Darauf will ich es nicht beruhen lassen. Daher habe ich noch einmal nachgehakt und warte auf eine Reaktion. Es bleibt also spannend.

                    Fazit

                    Mit meiner neuen Homepage geht es mir ein bisschen wie mit meiner nicht mehr ganz so neuen Wohnung. Auch dort hat mein Budget meine Auswahlmöglichkeiten beträchtlich eingeschränkt. Mit viel Heimwerken und Herumexperimentieren konnte ich vieles so gestalten, dass es sich ganz gemütlich drin wohnen lässt und ich auch bei der Aussicht auf Besuch nicht sofort das Weite suchen muss. Ein paar unveränderliche Gegebenheiten muss ich aber wohl oder übel in Kauf nehmen. Eine davon ist der Aufzug, den es zwar gibt, der aber sowohl vom Hauseingang als auch von meiner Wohnungstür aus nur über eine Treppe zu erreichen ist. Tja, damit haben mir die wilden 80er dann doch einen Anlass gegeben, mich in Grund und Boden zu genieren, wenn ich Besuch empfangen möchte, der den Aufzug braucht, weil er über die Stiegen eben nicht ohne Hilfe drüber kommt. Und es ist zu befürchten, dass dieses peinlich Berührtsein im Laufe der Zeit und mit zunehmendem Alter hier nicht einmal meine größte Sorge sein wird. Trotzdem, das Dach über dem Kopf möchte ich nicht missen.

                    Bei meinem digitalen Zuhause fühlt es sich ähnlich an, aber ganz gleich ist es nicht. Zum einen ist es noch gar nicht fertig. Wer weiß, welche Steine mir das Einrichten von Untermenüs, Blogeinträgen oder sonstigen Inhalten noch auf den Weg zu einer gastfreundlichen und zugänglichen Webseite wirft. Zum anderen gibt es aber auch Grund zur Hoffnung, denn bei den WordPress Themes ist sicherlich nicht alles so fix in Beton gegossen wie in unserem Wohnhaus. Vielleicht lässt sich da längerfristig also doch etwas bewegen.

                    Zu schlechter Letzt ein Ausblick

                    Nach einem so optimistischen vermeintlichen Schlusssatz tut es fast weh, aber ich kann es Ihnen nicht vorenthalten: Wie zugänglich eine mit WordPress erstellte Webseite wird, ist die eine Sache. Darüber, ob WordPress selbst barrierefrei nutzbar ist, sagt das noch gar nichts aus. Viel Grund zum Jubeln gibt es diesbezüglich nicht, das kann ich Ihnen schon jetzt verraten. Aber mehr dazu ein andermal.

                    Kontakt

                    Haben Sie Fragen, Anregungen oder sonstige Beiträge? Doris Ossberger freut sich auf Ihre Nachricht unter do@wortklaviatur.at

                    Digitaler Dienstag Jänner 2023

                      Gaststimme: Nuudel statt Doodle

                      Das neue Jahr beginnt mit etwas Zukunftsträchtigem: Motiviert vom Dezemberbeitrag über die Barrierefreiheit digitaler Tools zur Terminfindung hat ein Leser angeboten, seine Erfahrungen als Screenreader-Nutzer mit einer weiteren Doodle-Alternative namens Nuudel zu schildern.

                      Viel Überzeugungsarbeit war da nicht notwendig, wo wir uns doch schon lange wünschen, dass Leserinnen und Leser den „Digitalen Dienstag“ aktiv mitgestalten. Daraus haben wir keinen Hehl gemacht. Sollten Ihnen die Aufrufe dazu hier und da schon etwas auf die Nerven gegangen sein, gibt es jetzt eine gute Nachricht: Bis zum nächsten Aufruf kommt erst einmal unser Leser Paweł Masarczyk mit seinem Gastbeitrag zu Wort.

                      Was ist Nuudel?

                      Nuudel ist eine kostenlose und barrierefreie Dienstleistung, die es ermöglicht, ohne Aufwand eine Umfrage zur Termin- oder Meinungsfindung zu erstellen. Es ist eine Alternative für Webseiten wie Doodle, die nicht nur fasst komplett barrierefrei ist, sondern auch auf dem Schutz der gesamte Daten achtet. Es wird vom „Digital Courage“ Verein in Deutschland zur Verfügung gestellt und basiert auf der Open Source Software Framadate.

                      Wie benutzt man das?

                      Nuudel ist unter dem folgenden Link zu finden: https://nuudel.digitalcourage.de/

                      Mit dem ganz oben platzierten Kombinationsfeld ist es möglich, die Sprache des Interface zu ändern. Auf einem auf die deutsche Sprache gestellten System sollte es aber von Anfang auf Deutsch dargestellt sein.

                      Zur Verfügung stehen zwei Tasten: „Termin finden“ und „Klassische Umfrage“. Wir werden uns genauer die erste Option anschauen. Die „Klassische Umfrage“ unterscheidet sich nur dadurch, dass statt Terminvorschlägen geschlossene Antworte in der Form von A, B oder C Auswahl angeboten werden. Es ist theoretisch auch möglich ein Bild zu jeder Antwort hochzuladen. Meiner Erfahrung nach war dieser Teil der Seite aber leider nicht mit einem Screenreader zugänglich.

                      Der Prozess zum Erstellen einer Umfrage ist einfach und verläuft in drei Schritte. Im ersten Schritt füllen wir allgemeine Daten zur Umfrage in klassische Eingabefelder. Wir werden nach unserem Namen, E-Mail Adresse, dem Titel der Umfrage sowie eine Beschreibung gefragt. Zum größten Teil unterscheidet sich dieser Schritt nicht vom Ausfüllen eines klassischen Formulars. Unter „Namen“ können wir schreiben, wie wir als Autor:in der Umfrage identifiziert sein wollen. Es kann also unserer vollständige Namen oder ein Pseudonym sein. Sollten wir es nicht wünschen, unsere E-Mail Adresse mit der Dienstleistung zu teilen, können wir irgend ein Wort, das „at“ Symbol und das Wort „invalid“ schreiben, z.B. „test@invalid“.

                      Für die Beschreibung wird uns die Auswahl zwischen zwei Arten des Editors angeboten: einem klassischen und einem „Rich-Text-Editor“ der über mehrere Formatierungsoptionen verfügt. Meiner Erfahrung nach ist der „Rich-Text-Editor“ leider weniger zugänglich, deswegen empfehle ich den klassischen.

                      Weiters ist es möglich, zusätzliche Einstellungen der Umfrage zu konfigurieren. Diese werden durch einen Klick auf die Taste „Optionale Einstellungen“ angezeigt. In diesem Rahmen können wir entscheiden, ob die Umfrage eine eigene Bezeichnung haben soll, die einfach zu erinnern  und mitzuteilen ist, ob der Zugriff mit einem Passwort geschützt sein soll, welche Berechtigungen den Teilnehmenden erteilt werden, ob wir Benachrichtigungen über neue Antworten und Kommentare per E-Mail bekommen möchten usw.

                      Mit der Taste „Weiter zum 2. Schritt“ navigieren wir zu dem nächsten Schritt.

                      In dem zweiten Schritt geben wir die Vorschläge der verfügbaren Termine ein. Dieser Teil des Formulars ist folgendermaßen aufgebaut:

                      Erstens haben wir den Tag, an dem wir ein Termin anbieten möchten. Der erste Tag heißt im Formular „Tag 1“. In dem geeignetem Eingabefeld tragen wir das Datum in dem Format „jjjj-mm-tt“ ein, z.B. 2023-01-01. Jedem Feld mit einem Tag sind weitere Felder für die Uhrzeiten an diesem Tag zugeordnet. Die Uhrzeit geben wir in dem Format „UU:MM“, z.B. 11:00, ein. Die weiteren Felder, über die ist es möglich andere Tage einzutragen, befinden sich weiter unten. Es gibt auch Tasten zum Hinzufügen und Entfernen von sowohl weiteren, zusätzlichen Tagen als auch Uhrzeiten. Sobald wir fertig sind, drücken wir auf „Weiter“.

                      In dem 3. Schritt bestimmen wir, wie lange die Umfrage verfügbar sein wird. Wenn nichts angegeben ist, wird die Verfügbarkeit auf 180 Tage befristet. Wir bestätigen die Auswahl und damit ist unsere Umfrage fertig und veröffentlicht. Wir bekommen jetzt zwei Links: einen zum Veröffentlichen, damit andere Personen ihre Wertungen abgeben können, und den anderen zum Verwalten der abgegebenen Antworten.

                      Abgeben von Wertungen und Lesen der Antworten

                      Beide der oben genannten Operationen verlaufen über eine sehr barrierefreie Tabellenansicht.  Zum Abgeben von einer Wertung schaut man in die Tabelle rein und navigiert durch jede Zeile für jeden Terminvorschlag. Als Spalten in der Zeile gibt es drei Optionen als Auswahltasten: „Ja“, „Nein“ und „Nach Besprechung“: Man wählt eine Option pro Termin und bestätigt die Wahl. Damit ist eine Wertung abgegeben.

                      Wenn wir eine Übersicht über die Verfügbarkeit aller Teilnehmenden bekommen möchten, finden wir alles Nötige ebenfalls in einer Tabellenansicht. Für jede Person gibt es eine Zeile mit allen Terminvorschlägen und dazu gegebenen Antworte als Spalten. Damit wissen wir im Überblick, wer wann verfügbar ist. Zusätzlich wird ein meist optimaler Vorschlag angeboten.

                      In dem Eingabefeld unter der Tabelle ist es möglich, einen zusätzlichen Kommentar zu hinterlassen, der für alle sichtbar ist

                      Das beschreibt die wichtigsten Optionen des Nuudel Systems. Viel Spaß beim Verwenden!

                      Auf den Geschmack gekommen?

                      An dieser Stelle möchten wir uns ganz herzlich bei Herrn Masarczyk bedanken! Wir finden es sehr schön, wenn sich Leute die Mühe machen, Erfahrungen zu teilen, die höchstwahrscheinlich auch für andere hilfreich sind. Sie nicht auch? Deshalb kommt jetzt zum Schluss doch noch einmal der versprochene, angedrohte oder vielleicht sogar ersehnte Aufruf an alle Leserinnen und Leser: Wenn Sie aus der digitalen Welt irgendetwas gerne nutzen oder besonders hilfreich und zugänglich finden, zögern Sie nicht lange und teilen Sie es uns mit! Gerne lassen wir Sie ebenfalls mit einem selbst geschriebenen Beitrag als Gastautor:in zu Wort kommen. Wenn das Schreiben nicht so Ihres ist, können Sie uns auch nur formlos wissen lassen, welche Informationen Sie gerne weitergeben möchten, und wir übernehmen den Rest – natürlich nicht ohne Sie als wertvolle Quelle zu nennen. Mit einer E-Mail an Doris Ossberger unter do@wortklaviatur.at sind sie auf jeden Fall an der richtigen Adresse, um mit Ihrer Botschaft im „Digitalen Dienstag“ zu landen!