Digitale Barrieren: Alternativen zur Beschwerde beim Salzamt
Ab sofort ist beim BSVÖ der zweite Dienstag jedes Monats der „Digitale Dienstag“. An diesem Tag liefern wir Ihnen nützliche Informationen zu verschiedensten Themen rund um digitale Barrierefreiheit. Den Anfang machen wir heute mit der Frage, welche Möglichkeiten Sie haben, um Barrierefreiheit bei Internetseiten, Apps oder Dokumenten aktiv einzufordern.
„Wir“, das sind Dr.in Susanne Buchner-Sabathy, Expertin für digitale Barrierefreiheit, und DI Doris Ossberger, Referentin für barrierefreies Bauen beim BSVÖ. In unserer Arbeit kämpfen wir täglich mit den verschiedensten Mitteln um den Abbau von Barrieren. Dabei fällt uns immer wieder auf, wie wichtig vorbildliche Beispiele sind, damit Planer:innen und Entwickler:innen sich daran orientieren –am besten automatisch, weil es „normal“ ist, oder zumindest nach Hinweis darauf.
Damit die guten Beispiele schön prominent im Blickfeld der Verantwortlichen landen, sollten aber auch weniger gute oder gar schlechte Beispiele möglichst von der Bildfläche verschwinden. Zumindest für jene digitalen Medien und Anwendungen, die laut Gesetz barrierefrei sein müssen, gibt es eine Möglichkeit, wie jeder und jede einzelne dazu beitragen kann, dass das nach und nach passiert: die Beschwerde bei der FFG.
Frust konstruktiv nutzen
Eigentlich ist es ja absurd: Wenn es ein Gesetz dafür gibt, dass bestimmte Internetseiten, Apps und Dokumente barrierefrei sein müssen, warum gibt es dann überhaupt noch Fälle, in denen man Grund zur Beschwerde hat, dass genau diese es nicht sind? Dazu können wir nur sagen: Stimmt. Es ist traurig, aber wahr. Trotzdem ist es doch immerhin etwas, dass es zumindest einen relativ einfachen Weg gibt, auf solche Mängel aufmerksam zu machen und Verbesserungen voranzutreiben.
Pflicht zur Barrierefreiheit
Webseiten und Apps, die von Bund, Ländern oder Gemeinden zur Verfügung gestellt werden, müssen laut Web-Zugänglichkeits-Gesetz (WZG) barrierefrei sein. Genauer gesagt müssen sie den Richtlinien für barrierefreie Web-Inhalte (WCAG 2.1) Stufe AA entsprechen. Übrigens müssen auch digitale Medien wie z.B. Dokumente, die dort heruntergeladen werden können, barrierefrei gestaltet sein.
Für die Überprüfung der Umsetzung des WZG gibt es eine Monitoring-Stelle, die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG). Die FFG führt einerseits regelmäßig stichprobenartig Überprüfungen von den Webauftritten öffentlicher Einrichtungen durch. Darüber hinaus können sich aber auch Nutzer:innen bei der FFG melden, wenn sie bei einer solchen Webseite oder App auf Hindernisse stoßen.
Bevor man das macht, wird empfohlen, den Betreiber der betroffenen Webseite oder App direkt zu kontaktieren. Ist dieser Weg nicht von Erfolg gekrönt, ist die Beschwerde bei der FFG das Mittel der Wahl – entweder bei der FFG Servicestelle oder, wenn es um eine Webseite oder App eines einzelnen Bundeslandes geht, bei der lokalen Beschwerdestelle.
Kommen wir zur Sache
Für eine Beschwerde bei der FFG Servicestelle finden Sie unter folgender URL das sogenannte „Kontaktformular Beschwerdestelle digitale Barrierefreiheit“: https://www.ffg.at/form/kontaktformular-beschwerdestelle. Dort tragen Sie einfach Ihre Kontaktdaten ein und beschreiben anschließend das Problem. Dabei ist es wichtig, dass Sie möglichst genau erklären, was nicht funktioniert. Ein Beispiel dafür wäre „Ich arbeite mit dem Screenreader X und habe die Funktion XY gesucht, konnte aber keine Schaltfläche dafür finden.“ Sie brauchen kein technisches Hintergrundwissen. Wichtig ist, dass Ihre Beschreibung aus Nutzer:innensicht genauere Informationen enthält als nur „die Seite ist nicht barrierefrei“. Für Seiten oder Anwendungen eines Bundeslandes finden Sie unter folgender URL die Kontaktdaten der lokalen FFG Beschwerdestellen: https://www.ffg.at/digitale-barrierefreiheit/digitales-zugaenglich-machen/beschwerdestellen-zur-digitalen-barrierefreiheit-oesterreich. Wenn Sie sich nicht sicher sind, wohin Sie sich wenden sollen, können Sie auf jeden Fall das Kontaktformular der FFG Servicestelle nutzen. Wenn die Zuständigkeit bei einem bestimmten Bundesland liegt, wird die Beschwerde mit Ihrem Einverständnis weitergeleitet.
Nachdem Sie Ihre Beschwerde eingereicht haben, prüft die FFG, ob tatsächlich ein Verstoß gegen das WZG vorliegt, und informiert Sie anschließend über das weitere Vorgehen.
Recht auf Barrierefreiheit
Unabhängig davon, ob das WZG greift oder nicht, können Sie, wenn Sie eine Behinderung haben und sich durch mangelnde Barrierefreiheit diskriminiert fühlen, auch Ihr Recht aufgrund des Behinderten-Gleichstellungsgesetzes einfordern. Es ist auch möglich, dass Ihnen das nach einer Beschwerde bei der FFG als Option empfohlen wird, allerdings müssen Sie die Schritte dafür selbst einleiten.
Wenn Sie vermuten, dass die mangelnde Barrierefreiheit einer Webseite oder App eine Diskriminierung im Sinne des Behinderten-Gleichstellungsgesetzes darstellt, können Sie bei Ihrer Landesstelle des Sozialministeriumservice ein Schlichtungsverfahren beantragen. Ziel dieses Schlichtungsverfahrens ist es, dass zwischen den Parteien vermittelt und eine außergerichtliche Einigung gefunden wird. Sie brauchen dabei keinen Anwalt und es entstehen für Sie keine Kosten. Sie können aber eine Vertrauensperson oder jemanden von der Behindertenanwaltschaft bei den Verhandlungen hinzuziehen.
Wenn es nicht gelingt sich zu einigen, können Sie Ihre Ansprüche gemäß Behinderten-Gleichstellungsgesetz auch durch eine Klage vor Gericht geltend machen.
Was noch zu sagen bleibt
Natürlich kann und soll das Einreichen von Beschwerden durch Einzelpersonen nicht das Engagement des BSVÖ für digitale Barrierefreiheit ersetzen. Oft ist es aber gerade das Zusammenwirken von beidem, das den Verantwortlichen erst so richtig sicht- und begreifbar macht, dass es hier um Probleme geht, von deren Behebung sehr viele Menschen profitieren.
Rückfragehinweis
Bei Rückfragen oder Anregungen wenden Sie sich bitte an Doris Ossberger unter barrierefrei@blindenverband.at